Mitgliederversammlung 2024

Mitgliederversammlung 2024

Die 22. ordentliche Mitgliederversammlung findet am Mittwoch, 17. April 2024, um 19:30 Uhr in der Turnhalle Oberbözberg statt.

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Anmeldeschluss Montag, 15. April 2024
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Mitgliederversammlung 2021

Mitgliederversammlung 2021

Die Mitgliederversammlung fand am Mittwoch, 8. September 2021, in der Turnhalle Chapf 7 in Oberbözberg statt. 

Präsentation Herr Dr. Felix Altorfer: 2021_09_08_Pro_Bözberg_Vortrag_ENSI

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Am 19. September 2021 fand der Bettagsanlass statt.

Bericht von Annette Schütz: 

Bettagsanlass Pro Bözberg 2021

Der diesjährige Bettagsanlass stand ganz im Zeichen des Waldes. Otto Suhner, Präsident des Vereins, betonte einleitend die Bedeutung des Waldes für die Bekämpfung des Klima­wandels und kritisierte die invasive Waldbewirtschaftung mit schweren Maschinen, die auch vor Flächenhieben nicht halt macht. Dies sei besonders bedenklich, da die Waldgebiete nördlich der Bözbergstrasse zum Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) gehören und grosse Teile davon Landschaften von kantonaler Bedeutung sind. Im Namen des Vereins fordert er nachdrücklich die Respektierung und Einhaltung der eidgenössischen und kantonalen gesetzlichen Grundlagen zum Schutz des Waldes.

Dr. Jürg Keller setzt sich seit Jahren für eine naturnahe Waldbewirtschaftung ein, welche das Ökosystem Wald als Ganzes respektiert und die Artenvielfalt erhält. Den rund 30 anwesen­den Personen erläutert er, dass ein intakter Wald über einen geschlossenen Rand und Decke verfügt sowie Bäume unterschiedlichen Alters und verschiedener Arten umfasse. Da vielfach die wirtschaftlichen und finanziellen Interessen bei der heute praktizierten Wald­bewirtschaftung im Vordergrund stünden, würden schwere Maschinen regelrechte Schneisen im Wald hinterlassen und die Mykorrhiza – ein Pilzgeflecht, das sich mit den Feinwurzeln der Bäume verbindet und ein gesundes Pflanzenwachstum fördert – zerstört.

Dass dies trotz den strengen gesetzlichen Grundlagen zum Schutz des Waldes und der Erfüllung seiner Schutz-, Wohlfahrts- und Nutzfunktionen möglich sei, erklärt Jürg Keller einerseits mit der fehlenden, konsequenten Kontrolle durch die Behörden. Andererseits sei der Wald ein wenig attraktives Thema in der Politik, welches kaum zur Profilierung geeignet sei. Es gäbe durchaus Förster, welche sich einer naturnahen Waldbewirtschaftung verschrieben hätten. In der klaren Minderheit würden diese sich jedoch kaum öffentlich äussern, bedauert er.

Bei strömenden Regen machte sich die Gruppe auf den Weg, um sich ein eigenes Bild über die Situation zu verschaffen. Nordöstlich des Adlisbergs und oberhalb der Bushaltstelle Riedacher sind vor wenigen Jahren Flächenhiebe vorgenommen worden. Heute gleichen die Flächen verwilderten Gärten. Es wird Jahrzehnte dauern, bis an diesen Stellen wieder Wald entstehen wird, der diesen Namen verdient. Ob sich die gepflanzten Eichen bei letzterem Flächenhieb gegenüber schneller wachsenden Gewächsen durchsetzen können, muss sich erst noch weisen.

Das traditionelle Cervelat-Bräteln zum Ausklang des Anlasses durfte auch dieses Jahr nicht fehlen.

Annette Schütz, Vorstandsmitglied

Bettagsanlass und Mitgliederversammlung 2020, Schwerpunktthema Nagra-Bohrungen

Infolge der Corona-Pandemie fanden die beiden Veranstaltungen kombiniert statt. Im Mittelpunkt standen Informationen über die laufende Tiefenlager-Evaluation.

Text und Fotos: Max Weyermann, Brugg

Zur ursprünglich für den 25. März geplant gewesenen und nun am 20. September abgehaltenen Mitgliederversammlung kamen in der Turnhalle Unterbözberg rund 50 Personen zusammen, dies unter Beachtung der Covid-19-Massnahmen.

Zwei Kernbereiche

In seinem Jahresbericht hielt Präsident Otto H. Suhner Rückblick auf  die 2019 durchgeführten Anlässe. Dazu gehörten eine Studienreise ins für die nukleare Entsorgung in Frankreich wichtige Felslabor Bure sowie eine Waldbegehung auf dem Bözberg mit Kantonsoberförster Alain Morier. Damit standen zwei zentrale Anliegen des Vereins im Fokus. Einerseits will sich dieser weiterhin dafür einsetzen, dass sich die definitive Standortwahl für ein Tiefenlager ausschliesslich an der Sicherheitsfrage orientiert und nicht an politischen oder geografischen Opportunitäten. Andererseits ist und bleibt auch eine schonende Waldbewirtschaftung ein zentrales Thema. Der Vorstand hält dazu fest: „Mit Unverständnis begegnen wir auf dem Bözberg, in Teilen des Oberen Fricktals und auf dem Linnerberg laufend zahlreichen grossflächigen und radikalen Holzschlägen im Wald. Die eingesetzten schweren Gerätschaften hinterlassen eigentliche Pisten mit Bodenverdichtungsfolgen.“  Der Verein verlangt für das geschützte BLN-Gebiet nach wie vor die Respektierung und Einhaltung der eidgenössischen und kantonalen Vorgaben zum Schutzstatus des Waldes und stellt bei festgestellten Verstössen Anzeigen gegen die Schadenverursacher in Aussicht. Zudem wird Pro Bözberg in einem Schreiben an Stephan Attiger, Vorsteher des Departementes Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) darauf drängen, dass der unverantwortliche Bewirtschaftungsart  Einhalt geboten wird.

Traktanden in Kürze

Die  wegen den nachfolgenden Nagra-Programmpunkten im Eiltempo durchgezogene Mitgliederversammlung verabschiedete die Rechnung 2019 und das Budget 2020 mit einem Mehraufwand von je rund 4500 Franken. Mit erheblichem Aufwand wurde die Webseite (www.pro-boezberg.ch) aktualisiert und neu aufgeschaltet. Angesichts des Vermögensstandes beliesst die Versammlung die bisherigen Jahresbeiträge wie gehabt. Der achtköpfige Vorstand erhielt seine Bestätigung in globo. Der Verein zählt aktuell 1658 Mitglieder. Die nächste Versammlung ist für den 25. März 2021 vorgesehen.

Referat und Besichtigung

Philipp Senn, Leiter Public Affairs und stellvertretender Bereichsleiter Zusammenarbeit und Öffentlichkeitsarbeit der Nationalen Gesellschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra), referierte anschliessend aus der Sicht des Geologieingenieurs über die Arbeiten im Hinblick auf die Evaluation eines Tiefenlagers. Die drei ins Auge gefassten Standorte in der Nordschweiz werden gemäss seinen Aussagen nach zahlreichen Kriterien gründlich untersucht. Ziel ist es, das ausgediente Material aus den Kernkraftwerken und aus weiteren Quellen ungefähr ab 2050/2060 in unserem Land einlagern zu können. Gerechnet wird mit einem Volumen von 100 000 Kubikmetern, was in etwa dem umbauten Raum der Zürcher Bahnhofhalle entspricht. Die vorgängige Standortbewilligung könnte voraussichtlich um 2030 vorliegen. Die im Bözberggebiet („Jura-Ost“) durchgeführten seismischen Untersuchungen und die beiden aktuellen Tiefbohrungen Bözberg 1 (südlich von Vierlinden) und Bözberg 2 (südöstlich von Sennhütten, Effingen) sollen zeigen, ob  sich der hiesige Untergrund für die Realisierung dieses Projektes eignen würde. Die bis auf 1000 Meter abzutiefenden Bohrungen durchqueren die rund 100 Meter dicke Opalinuston-Schicht sowie das unmittelbar darunter und darüber liegende Gestein. Die Zusammensetzung und die Eigenschaften der aus dem Untergrund heraufgeholten Bohrkerne werden in spezialisierten Labors analysiert. Der 175 Jahre alte Opalinuston ist ein Ablagerungsgestein aus dem Mesozoikum (Erdmittelalter), das aus feinen Tonpartikeln besteht, die wegen ihrer Quellfähigkeit für eine hervorragende Feuchtigkeitsabdichtung  sorgen. Nebst Philipp Senn waren die weiteren Nagra-Mitarbeiter Olivier Moser, Lukas Oesch und Heinz Sager auf den beiden Bohrplätzen präsent, um den Pro Bözberg-Mitgliedern gruppenweise die Infrastruktur und die Untersuchungstechniken zu erläutern. Speziell wiesen sie darauf hin, dass beim Siebentage-Betrieb rund um die Uhr auf die strikte Einhaltung der Lärmgrenzwerte geachtet wird. Demnächst soll der Rückbau der Anlagen erfolgen. Nun bleibt abzuwarten, was die bis 2022/2024 zu erwartenden Auswertungen der Dokumentationsunterlagen der drei möglichen Standorte aufzeigen werden. Wie erwähnt, kommt für Pro Bözberg dem Sicherheitsfaktor höchste Priorität zu.

Nach dem Augenschein auf den Bohrplätzen klang der Bettagsanlass traditionsgemäss mit dem geselligen Beisammensein am Grillfeuer aus. 

 

 

Gastreferat Herr Prof. Walter Wildi, Dr. sc. nat. ETH

Mitgliederversammlung Pro Bözberg 10. April 2019

Professor Wildi berichtet der Versammlung, dass die Standortsuche für die Lagerung von radioaktiven Abfällen in der Schweiz vor rund 70 Jahren begann, 1949. Er erinnere sich als damaliger Student an Sondierbohrungen im Winter 1969/1970 im Aargau für schwach radioaktive Abfälle. Nach damaligem Fahrplan sei geplant gewesen, das Endlager 1990 zu eröffnen. Heute sei er der Überzeugung, dass er die Eröffnung des Endlagers nicht mehr erleben werde. Prinzipiell sei man heute im Jahr 2019 gleich weit wie damals in den frühen 1980er Jahren. Damals hätten schon Probebohrungen  in Riniken und Schafisheim stattgefunden.

Weltweit belaufe sich der hoch radioaktive Abfall auf rund 12‘000 Tonnen nach aktuellen statistischen Erkenntnissen. In der Schweiz würde der seit Aufnahme des Betriebs aller Kernkraftwerke (KKW) insgesamt entstandene (hoch-, mittel- und schwachaktive) Abfall ungefähr die Bahnhofhalle des Hauptbahnhofs Zürich mit ca. 100’000 Kubikmeter füllen. Dieses entspreche rund 0,5 % der weltweiten Produktion der Abfälle aus der „friedlichen“ Nutzung von Atomenergie durch die Schweizer KKWs.

Relevant sei aber nicht die Quantität der Abfälle, sondern deren Toxizität. Weltweit habe man sich auf eine einheitliche Strategie des Umgangs mit dem Abfall, wie sich herauskristallisiert, geeinigt: Die geologische Endlagerung. Dieses sei die offizielle Version.

Was man hingegen wirklich mache, sei Zwischenlagerung. Dieses sei auch in der Schweiz der status quo. Es sei unbekannt, wie  lange dieser Zustand dauern werde.

Es bestehe ansatzweise eine Alternativstrategie: Die Transmutation von hochaktiven Abfällen. Die Umwandlung von Atommüll zu dessen Entschärfung. Momentan werde das nicht aktiv weiter verfolgt.

Es bestehe weiter ein internationaler Konsens, dass jedes Land seinen eigenen Atomabfall zu entsorgen habe. Derzeit bestehe ein einziges geologisches Endlager weltweit: in Finnland; es habe jedoch noch keine Betriebsbewilligung. Es biete Platz für den Abfall von 5 finnischen KKWs. Diese Menge sei vergleichbar mit derjenigen der Schweiz. Das Problem dabei sei, dass die Schwedische Justiz die  Kupfer-Ummantelung der Abfallbehälter  bis auf weiteres ausgesetzt habe. Grund dafür seien gravierende materialtechnische Fragen; diese „Lösung“ sei daher derzeit blockiert. Deswegen gehe es auch in Schweden nicht vorwärts. Ein weiteres Problem sowohl in Schweden wie in Finnland sei, dass das geologische Endlager in zerklüftetem und daher wasserdurchlässigem Granit liege. Frankreich habe ein eher aussichtsreiches laufendes Verfahren für ein Endlager in Bure (Dept. Haute-Marne); hier besteht das Wirtgestein, so wie im schweizerischen Referenzkonzept, aus einem geringdurchlässigen Tongestein. Die USA müssten nach Rückschlägen wieder praktisch von vorne beginnen. In Deutschland sei es genauso.

Die Schweizer Behörden planten die Fertigstellung des Endlagers für das Jahr 2050 (schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) sowie 2060 für die hochaktiven Abfälle (HAA). Der Termin verschiebe sich allerdings stets kontinuierlich weiter in die Zukunft.

Die Schweizer Lösung sehe Endlager in einer Tiefe von rund 500 m – 900 m vor. Das Wirtgestein sei die Formation des Opalinustons. Eine Maxime des Konzepts in der Gestaltung des Tiefenlagers sei die Möglichkeit, dass künftige Generationen die eingelagerten Abfallbehälter weiter überwachen und gegebenenfalls wieder zurückholen könnten.Die konkrete Ausgestaltung der Lagerung von HAA nach dem aktuellen Schweizer Konzept entspreche allerdings in etwa dem bald 50-jährigen schwedischen Konzept aus den 1970er-Jahren. Man wolle die verbrauchten Brennstäbe in Behälter aus Stahl-Zylindern in Stollen einlagern, die vorgängig aus dem Ton des Wirtgesteins herausgefräst worden wären. Allmählich  würde sich der Ton infolge der Bergfeuchte aufblähen (quellen) und dadurch die zylindrischen Behälter in den Stollen dicht versiegeln, so dass auch dort kein Wasser reinkomme. Problematisch sei der Umstand, dass Ton plastisch werde beim Kontakt mit Wasser. An sich sei Ton wegen seiner selbstabdichtenden Eigenschaften ein sehr geeignetes Material. Diese Plastizität bei Wasserkontakt erschwere aber die Erstellung von begehbaren Stollen durch Maschinen und Menschen. Würden diese Stollen zu gross ausgestaltet, fielen sie früher oder später in sich zusammen durch den Kontakt mit Grundwasser. Für dieses Problem bestehe noch keine robuste Lösung.

Abgesehen davon handle es sich um ein grundsätzlich „charmantes“ Konzept. Das Problem sei, dass es schwer umsetzbar sei. Die sich aus technisch-wissenschaftlicher Sicht stellenden Probleme würden weder seriös wahrgenommen noch gründlich angegangen. Das Ausmass der Langzeit-Korrosion der Stahlzylinder sowie das Verhalten der Bentonit-Verfüllung seien zu wenig untersucht.

Es fehle sowohl bei den Entsorgungspflichtigen (Nagra) als auch bei den Behörden (Ensi, BfE) der Wille, die offenen Fragen aus technisch-wissenschaftlicher Sicht überzeugend zu untersuchen und auf Langzeiteignung zu testen. Es bestehe quasi eine technische Blockade. Es gebe weder Fortschritte noch Verbesserungen. Dazu gesellen sich gravierende Defizite  bei der Organisation des ganzen Projekts im Sachplanverfahren.

Das derzeit vom Bundesamt für Energie schwach geführte  Sachplanverfahren räume der  Sicherheit und den Risiken wenig Priorität ein. Es sei in erster Linie ein politischer Prozess. Dieser politische Prozess könnte letztlich ablenken von der möglichen Nicht-Eignung eines gewählten Standortes gemäss den wissenschaftlichen Kriterien. Politische Machbarkeiten könnten höher gewichtet werden als wissenschaftliche Sicherheitsüberlegungen.

Der Standort Bözberg weise zahlreiche mögliche Nutzungskonflikte im Gesteinsuntergrund auf. Frühere Bohrungen zeigten, dass ein hohes Potenzial an Kohle, Gas und vielleicht sogar Öl vorhanden sei. Eine spätere Ausbeutung dieser Ressourcen durch künftige Generationen könnte zu einem Absenken von Bodenschichten, ggf. zum ungewollten Durchbohren endgelagerter Substanzen führen. Bund und Nagra sehen die „Lösung“ dieses Konflikts in einem rechtlichen Verbot der Ausbeutung. Doch das Lager mit hochaktiven Abfällen habe einen zeitlichen Horizont von mehreren zehntausend Jahren. Es könne realistischerweise aus rechtlicher Sicht nicht über einen solchen Zeitraum und über zahlreiche Generationen  sichergestellt werden, dass eine solche  Regelung fortbestehe und ggf. auch rigoros durchgesetzt würde. Verbote könnten auch wieder aufgehoben – oder ganz einfach „vergessen“ werden. Daher sei der Bözberg als HAA-Standort ungeeignet. Auch sei eine Interferenz möglich mit Transportwegen und mit der Zementindustrie  (Abbauvorhaben in Steinbrüchen). Dieses sei auf dem Bözberg durchaus  realistisch.

Zudem bestünden  geologische Strukturen mit tektonisch gestörten Zonen. Allein aufgrund dieser Tatsache sei die Langzeit-Sicherheit des Standorts Bözberg fraglich.

Die Finanzierung des Endlagers und der Weg dorthin sei  im Jahr 1983 auf  rund zwei Milliarden Schweizer Franken geschätzt worden. Im Jahr 2019 sei man inzwischen bei 25 Milliarden Schweizer Franken angekommen. Die Schätzung sei linear gestiegen mit jedem weiteren Arbeitsschritt und mit immer neu hinzugekommenen Erkenntnissen über Problemstellungen und deren Auswirkungen auf die Gesamtkosten. 2020 beginne der Rückbau des KKW Mühleberg. Daraus könnten weitere Hinweise auf zusätzliche Kosten entstehen. Es könnte noch viel, viel teurer werden.

1969 wurde das erste KKW in der Schweiz ans Netz genommen und das letzte 1983. Seit ca. 80 Jahren werde in der Schweiz die Atomkraft genutzt. Die Hälfte der aktuell geschätzten Endkosten von rund 25 Milliarden Schweizer Franken sei momentan gedeckt (Entsorgungsfonds). Der Rest sei noch nicht angespart worden.

Ereignete sich ein grosser Unfall in nächster Zeit in Europa, müsste mit einer sofortigen Stilllegung aller KKWs in der Schweiz gerechnet werden. Dann entfiele weiterer Gewinn und folglich  weitere Ersparnis für die restlichen 12,5 Milliarden Schweizer Franken. Diese müssten dann durch die öffentliche Hand finanziert werden.

Ethisch betont zwar die aktuelle Planungsorganisation, Sicherheit für Mensch und Umwelt zuoberst auf die Agenda zu schreiben. Handlungsziel sei, das Problem so zu lösen, dass künftige Generationen, falls diese eine Lösung für die Abfallproblematik fänden, das Endlager wieder „rückholen“ könnten. Auch werde mit der Lösung durch unsere Generation das Verursacherprinzip bestmöglich umgesetzt.

Die Realität zeigt jedoch, dass dieses Verursacherprinzip derzeit ohnehin nicht eingehalten werde und auch nicht mehr eingehalten werden könne. Man habe sich das „Ei bereits gelegt“ für die bestehende und künftige Generationen. Die Finanzierung sei nicht sichergestellt. Eigentlich sei das völlig inakzeptabel. Man lebe derzeit in einer kollektiven Mitschuld, ähnlich wie beim Klima. Wir seien diesbezüglich eine verantwortungslose Generation.

Politisch sei die Stimmung bezüglich der Endlager stark schwankend und abhängig von äusseren Faktoren. Ereignisse wie in Fukushima würden viel Dampf in den Kessel bringen. Nach einem solchen Ereignis sei dann der Dampf bald wieder weg. Betreiberfirmen der KKWs wie die Alpiq und die Axpo gehörten zwischenzeitlich praktisch vollständig der öffentlichen Hand. Betreiber der KKWs seien eigentlich die Kantone.

Das Interesse in der Bevölkerung hinsichtlich der Endlager-Standortwahl habe abgenommen. Der Druck sei weg. Es bestehe eine unklare Zukunft. Vielleicht fänden wir gar keine Lösung mehr in diesem Jahrhundert. Die letzten 50 Jahre Arbeiten auf diesem Thema hätten eigentlich zu praktisch nichts geführt. Man habe nichts erreicht. Das Thema habe zudem an Aktualität eingebüsst auf der politischen Agenda. Erschwerend komme hinzu, dass auch die aktuelle Stossrichtung aus wissenschaftlicher Sicht fraglich sei. Die derzeit geplanten Sondierbohrungen bringen aus seiner Sicht wenig Neues, insbesondere bezüglich der drängenden Fragen zu den akuten Nutzungskonflikten im tiefen Untergrund. Es werde absichtlich nicht tief genug gebohrt. Das Projekt in Frankreich sei erfolgsversprechender: Überzeugendes Einlagerungskonzept, keine Nutzungskonflikte mit Kohlenwasserstoff-Ressourcen im Untergrund, tektonische Stabilität (Erdbeben) etc.

Das Referat wird mit grossem Applaus durch die Versammlung verdankt. Der Präsident bittet um Erläuterungen zur Folie mit dem Profil zum Querschnitt der Gesteinsschichten im Kanton Aargau vom Rhein bis zum Hallwiler-See. Prof. Wildi nimmt detailliertere Erläuterungen vor. Er gibt auch zu bedenken, dass die Bohrtechnik in den letzten Jahren starke Fortschritte gemacht habe und mit einer Tiefe von 500 m – 900 m selbst das Risiko von terroristischen Motiven nicht ausgeschlossen werden könne. Mit aktueller Bohrtechnik könne man in rund einer Woche bis auf diese Tiefe vordringen.

Vorstandsmitglied Theo Sonderegger bittet um weitere Erläuterungen zum internationalen Ansatz. Prof. Wildi betont, dass die USA ursprünglich den „Lead“ hatten. Allerdings zeichnete sich dann eine Art Konsens ab, dass jedes Land eigenverantwortlich den eigenen Atommüll beseitigen solle. Aus wissenschaftlicher Sicht sei dieses Verhalten unvernünftig, weil der global bestgeeignete Standort gefunden werden sollte. Die Suche sollte nicht in einzelnen Ländern nach politischen Zuteilungen der Territorialität stattfinden. Die Wahl nach dem sichersten und dem bestgeeigneten Standort sollte aus wissenschaftlicher Sicht weltweit ohne Einschränkung von Landesgrenzen stattfinden. Es sei insbesondere rücksichtlich der kriegerischen Veränderungen von Territorien und Ländern in den letzten tausend Jahren fragwürdig, ob das aktuell verfolgte Konzept der Eigenverantwortung der einzelnen Länder über tausend Jahre hinweg eine sinnvolle Lösung sei.

Ein namentlich nicht bekannter Herr aus dem Publikum erkundigt sich, ob die Förderung von Kohle realistischerweise wieder aktuell werden könnte. Prof. Wildi vertritt die Auffassung, dass sich eine Tendenz abzeichne, künftig wieder Kohle aus Gesteinsschichten zu fördern. Das sei denkbar. Die Technik habe sich in diese Richtung entwickelt und entwickle sich derzeit weiter. Zwar sei Afrika für diese Kohleförderung in der Tiefe besser geeignet, da es weniger warm sei im Untergrund als in Europa. Hierorts nehme die Temperatur um 30 °C pro Kilometer Richtung Erdinneres zu. In Afrika seien es  ca. 20 °C.

Der Präsident bittet um Erläuterungen zu den aktuellen Ansätzen von China und USA, mit neuen Techniken die Energiegewinnung aus Atomenergie schonender und mit weniger Abfall zu gestalten. Prof. Wildi meint dazu, es sei nur schwer zu prognostizieren, in welche Richtung diese  Entwicklung führe. Sicher seien wirtschaftliche Motive im Vordergrund.

Ein namentlich nicht bekannter Herr erkundigt sich nach Versuchen des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) zur Transmutation (Umwandlung von Radionukliden). Gemäss Prof. Wildi hätten diese Versuche mit kleinsten Materialmengen stattgefunden, sie seien bisher ergebnislos geblieben.

Mitglied und Pressevertreter Peter Belart erkundigt sich, welches aus Sicht von Prof. Wildi nun die geeignete Lösung sei. Dieser bittet um die nächste Frage. Es bricht Gelächter aus. Ernsthaft erläutert Dr. Wildi, dass man nicht viel weiter sei, als  zu Beginn der Überlegungen zur nuklearen Entsorgung. Der Umgang mit der Atomenergie sei ein grober Zivilisationsfehler. Es bestehe nach seiner Meinung keine „Lösung“. Man müsste aus seiner Sicht eine neue Auslegeordnung vornehmen. Man habe sich 50 Jahre lang in die falsche Richtung bewegt. Ein Neustart wäre sinnvoll. Aus seiner Sicht sollten die Landesgrenzen überwunden werden, um Lösungsansätze international verfolgen zu können. Ein schlechter Standort (z.B. auch in der Schweiz) könne die Sicherheit anderer Länder gefährden. Dafür bestehe allerdings im Moment international keine Einsicht. Man müsste mit den Nachbarn reden.

Frau Astrid Baldinger nimmt Anstoss daran, dass sie durch Vertreter der Organisation der Standortwahl orientiert worden sei, der Standort Bözberg sei „sicher“. Sie glaube dieses nicht. Prof. Wildi bestätigt, dass Prognosen wiederholt verfrüht gemacht worden seien und werden. Der aktuelle Prozess sei weitgehend  politisch gesteuert statt wissenschaftlich-technisch. Die Standortfindung sei degradiert worden zu einer administrativen Leistung im Sachplanverfahren. Die Sicherheit sei in den Hintergrund gerückt. Auch wenn von „offizieller“ Seite jeweils das Gegenteil beteuert werde.

Der Präsident leitet über, dass diese Feststellung von Prof. Wildi exakt der Wahrnehmung von Pro Bözberg und seinem Vorstand entspreche. Die Haltung sei, dass Sicherheitskriterien imperativ vor politischer Machbarkeit stehen müssen. Dr. Wildi bestätige, dass hier der Verein sich weiter in diese Richtung engagieren solle.

Bericht erstellt vom Vereinsaktuar: Raphael Haltiner, redigiert durch André Lambert und Theo Sonderegger

Folien zu Gastreferat von Herrn Prof. W. Wildi