Infolge der Corona-Pandemie fanden die beiden Veranstaltungen kombiniert statt. Im Mittelpunkt standen Informationen über die laufende Tiefenlager-Evaluation.
Text und Fotos: Max Weyermann, Brugg
Zur ursprünglich für den 25. März geplant gewesenen und nun am 20. September abgehaltenen Mitgliederversammlung kamen in der Turnhalle Unterbözberg rund 50 Personen zusammen, dies unter Beachtung der Covid-19-Massnahmen.
Zwei Kernbereiche
In seinem Jahresbericht hielt Präsident Otto H. Suhner Rückblick auf die 2019 durchgeführten Anlässe. Dazu gehörten eine Studienreise ins für die nukleare Entsorgung in Frankreich wichtige Felslabor Bure sowie eine Waldbegehung auf dem Bözberg mit Kantonsoberförster Alain Morier. Damit standen zwei zentrale Anliegen des Vereins im Fokus. Einerseits will sich dieser weiterhin dafür einsetzen, dass sich die definitive Standortwahl für ein Tiefenlager ausschliesslich an der Sicherheitsfrage orientiert und nicht an politischen oder geografischen Opportunitäten. Andererseits ist und bleibt auch eine schonende Waldbewirtschaftung ein zentrales Thema. Der Vorstand hält dazu fest: „Mit Unverständnis begegnen wir auf dem Bözberg, in Teilen des Oberen Fricktals und auf dem Linnerberg laufend zahlreichen grossflächigen und radikalen Holzschlägen im Wald. Die eingesetzten schweren Gerätschaften hinterlassen eigentliche Pisten mit Bodenverdichtungsfolgen.“ Der Verein verlangt für das geschützte BLN-Gebiet nach wie vor die Respektierung und Einhaltung der eidgenössischen und kantonalen Vorgaben zum Schutzstatus des Waldes und stellt bei festgestellten Verstössen Anzeigen gegen die Schadenverursacher in Aussicht. Zudem wird Pro Bözberg in einem Schreiben an Stephan Attiger, Vorsteher des Departementes Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) darauf drängen, dass der unverantwortliche Bewirtschaftungsart Einhalt geboten wird.
Traktanden in Kürze
Die wegen den nachfolgenden Nagra-Programmpunkten im Eiltempo durchgezogene Mitgliederversammlung verabschiedete die Rechnung 2019 und das Budget 2020 mit einem Mehraufwand von je rund 4500 Franken. Mit erheblichem Aufwand wurde die Webseite (www.pro-boezberg.ch) aktualisiert und neu aufgeschaltet. Angesichts des Vermögensstandes beliesst die Versammlung die bisherigen Jahresbeiträge wie gehabt. Der achtköpfige Vorstand erhielt seine Bestätigung in globo. Der Verein zählt aktuell 1658 Mitglieder. Die nächste Versammlung ist für den 25. März 2021 vorgesehen.
Referat und Besichtigung
Philipp Senn, Leiter Public Affairs und stellvertretender Bereichsleiter Zusammenarbeit und Öffentlichkeitsarbeit der Nationalen Gesellschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra), referierte anschliessend aus der Sicht des Geologieingenieurs über die Arbeiten im Hinblick auf die Evaluation eines Tiefenlagers. Die drei ins Auge gefassten Standorte in der Nordschweiz werden gemäss seinen Aussagen nach zahlreichen Kriterien gründlich untersucht. Ziel ist es, das ausgediente Material aus den Kernkraftwerken und aus weiteren Quellen ungefähr ab 2050/2060 in unserem Land einlagern zu können. Gerechnet wird mit einem Volumen von 100 000 Kubikmetern, was in etwa dem umbauten Raum der Zürcher Bahnhofhalle entspricht. Die vorgängige Standortbewilligung könnte voraussichtlich um 2030 vorliegen. Die im Bözberggebiet („Jura-Ost“) durchgeführten seismischen Untersuchungen und die beiden aktuellen Tiefbohrungen Bözberg 1 (südlich von Vierlinden) und Bözberg 2 (südöstlich von Sennhütten, Effingen) sollen zeigen, ob sich der hiesige Untergrund für die Realisierung dieses Projektes eignen würde. Die bis auf 1000 Meter abzutiefenden Bohrungen durchqueren die rund 100 Meter dicke Opalinuston-Schicht sowie das unmittelbar darunter und darüber liegende Gestein. Die Zusammensetzung und die Eigenschaften der aus dem Untergrund heraufgeholten Bohrkerne werden in spezialisierten Labors analysiert. Der 175 Jahre alte Opalinuston ist ein Ablagerungsgestein aus dem Mesozoikum (Erdmittelalter), das aus feinen Tonpartikeln besteht, die wegen ihrer Quellfähigkeit für eine hervorragende Feuchtigkeitsabdichtung sorgen. Nebst Philipp Senn waren die weiteren Nagra-Mitarbeiter Olivier Moser, Lukas Oesch und Heinz Sager auf den beiden Bohrplätzen präsent, um den Pro Bözberg-Mitgliedern gruppenweise die Infrastruktur und die Untersuchungstechniken zu erläutern. Speziell wiesen sie darauf hin, dass beim Siebentage-Betrieb rund um die Uhr auf die strikte Einhaltung der Lärmgrenzwerte geachtet wird. Demnächst soll der Rückbau der Anlagen erfolgen. Nun bleibt abzuwarten, was die bis 2022/2024 zu erwartenden Auswertungen der Dokumentationsunterlagen der drei möglichen Standorte aufzeigen werden. Wie erwähnt, kommt für Pro Bözberg dem Sicherheitsfaktor höchste Priorität zu.
Nach dem Augenschein auf den Bohrplätzen klang der Bettagsanlass traditionsgemäss mit dem geselligen Beisammensein am Grillfeuer aus.