Pro Bözberg verfolgt die Suche nach Standorten für Tiefenlager für radioaktive Abfälle vorausschauend und aufmerksam. Seit über 10 Jahren beurteilt der Vorstand regelmässig die aktuelle und absehbare Entwicklung und orientiert die Mitglieder an der Jahresversammlung
Pro Bözberg setzt sich mit Überzeugung dafür ein, dass bei der Suche nach Tiefenlager-Standorten für radioaktive Abfälle ausschliesslich Schutz und Sicherheit von Bevölkerung und Umwelt für das Vorgehen und die Auswahl massgebend sein dürfen. Aufgrund der nicht zu leugnenden Risiken von radioaktiver Belastung dürfen politische und wirtschaftliche Opportunitäten für die Langzeitlagerung des Atommülls keine Rolle spielen.
Die Haltung von Pro Bözberg kann wie folgt zusammengefasst werden:
Keine Sankt-Florianspolitik, keine politisch-wirtschaftlich motivierten Machbarkeitsüberlegungen.
Absolutes Primat der Sicherheit.
Keine unnötige Hast bei Entscheidungen, die tausende von Jahren irreversibel Bestand haben müssen.
Neue Technologien und Vergleiche mit dem Ausland in Entscheidungen mit einbeziehen.
Im Rahmen dieser Haltung setzt sich Pro Bözberg bei den zuständigen Behörden und Gremien im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ein:
Schriftliche Anfrage an das Technische Forum Sicherheit (geleitet vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI): „Weshalb muss die für 2022 geplante „Provisorische Standortwahl“ nicht schon bei deren Bekanntgabe durch die Nationale Genossenschaft NAGRA begründet werden? Es ist unverständlich und unglaubwürdig, wenn Begründungen erst mit Entscheiden nachgeliefert werden.“ Die Frage ist als „Nr. 147“ in eine offiziell publizierte Liste aufgenommen worden.
Die Antworten wurden am 28. September 2018 auf der Homepage des ENSI veröffentlicht: https://www.ensi.ch/de/technisches-forum/vorzeitige-standortfestlegung-in-etappe-3/
Vernehmlassung Pro Bözberg zur Etappe 2 des Sachplanverfahrens (Februar 2018) an das Bundesamt für Energie. Aufruf an die Mitglieder, sich an der öffentlichen Vernehmlassung zu beteiligen. Schweizweit sind innerhalb der Vernehmlassungsfrist 1‘200 Stellungnahmen eingegangen. Die Auswertung ist im Gange. Es bestehen für Pro Bözberg begründete Zweifel, dass der Bözberg mit seinen geologischen Defiziten mitten im dicht besiedelten Europa die erforderliche Sicherheit für ein geologisches Tiefenlager gewährleisten kann.
Der Vorstand von Pro Bözberg hat beschlossen, seine Unabhängigkeit zu bewahren und keine Vertretung in der neuen Regionalkonferenz zu beantragen.
Wir sind überzeugt, es braucht ausserhalb der Verwaltung unabhängige Gremien und Organisationen, die sich für die Region einsetzen.
Nagra und Ensi wollen es nicht wissen – aus „gutem“ Grund!
Ein Doppel-Flop
Im Frühsommer des Jahres 1983 sollte die Bohrkrone der Nagra-Sondierbohrung im zürcherischen Weiach, nahe der Aargauer Kantonsgrenze, in 990 m Tiefe das (früher Urgestein genannte) „Kristallin“ erreichen: Granite und Gneise galten damals als das „einzig richtige“ Gestein für die Aufnahme eines atomaren Endlagers. Doch was die Bohrung dann – im Wortsinn – zutage förderte, war alles andere als solider Fels, sondern hunderte von Metern Sedimentgesteine (Sande, Silte, Tone). Und die Bohrung durchteufte in diesen Sedimenten wiederholt Kohleschichten: in der Summe 32 m mächtige Kohleflöze von teilweise ausgezeichneter Qualität. Erst 2 km unter der Erdoberfläche stiess die Bohrung endlich auf den Gneis des Grundgebirges: in solcher Tiefe ist ein Endlagerbergwerk technisch nicht realisierbar. Es war der Anfang vom Ende der Option „Kristallin“ als Endlagergestein in der Schweiz.
Das räumliche Ausmass der Sedimentgesteine aus dem Erdzeitalter des Perms und des Karbons im Untergrund der Nordschweiz zeigte sich erst nach und nach in den Aufzeichnungen reflexionsseismischer Profilaufnahmen als Konturen gewaltiger, trogförmiger Vertiefungen, welche sich im Lauf der Erdgeschichte, nämlich am Ende des Paläozoikums (= Erdaltertum) entlang tektonischer Verwerfungen bis mehrere Kilometer tief in den kristallinen Sockel eingesenkt hatten (Abb. 1). Diese Erkenntnisse über die Ausdehnung des seither so genannten «Permokarbontrogs» waren neu. Die Nagra hatte es als verzichtbar erachtet, tiefreichende seismische Messungen vorgängig der millionenschweren Bohrungen durchzuführen.
So musste die Nagra dann schliesslich ihre (ebenfalls auf das kristalline Grundgebirge fokussierte) Bohrung bei Riniken (1983/84) in 1800 m Tiefe abbrechen, mitten in den kilometermächtigen Perm-Sedimenten (Abb. 1).
Damit aber blieb – und bleibt! – die Frage unbeantwortet, ob in den tieferen Schichten des Karbonzeitalters, nicht auch noch Kohle und Kohlenwasserstoffe vorkommen.
Denn wie noch zu erläutern sein wird, führen nutzbare Rohstoffe im tiefen Untergrund gemäss den Sicherheitskriterien des Bundes in einen unlösbaren Nutzungskonflikt, weil ein Endlager über einer solchen Rohstoff-Ressource nicht gebaut werden darf. Dies ist in den Kriterienlisten des Sachplan-Konzeptteils mit akkurater Unzweideutigkeit festgelegt.
Rohstoffe im Untergrund der Nordschweiz: Konsequenzen für Endlagerprojekte
Die Permokarbontröge erstrecken sich, soweit bekannt, mit etlichen Verzweigungen räumlich verbreitet durch den tiefen Untergrund der Nordschweiz (Abb. 2). Sie gelten aufgrund gesicherter Erkundungsergebnisse als Regionen mit hohem Potenzial für das Vorkommen und die zukünftige Nutzung von Kohle und Kohlenwasserstoffen. Zudem stehen die potenziell Thermalwasser führenden Randstörungen der Tröge als bevorzugte Zielgebiete möglicher Nutzung von geothermischer Energie im Fokus prospektiver Interessen.Hinsichtlich der nuklearen Entsorgung in geologischen Tiefenlagern wirft der Permokarbontrog (und namentlich sein potenziell nutzbarer Inhalt) in der Schweiz Fragen bezüglich von Interessenkonflikten und Risiken auf, welche die „Sicherheit der Endlagerung“ in Frage stellen.
Das Konzept eines geologischen Tiefenlagers basiert auf der Annahme, dass hochradioaktive Stoffe bis zu einer Million Jahre so sicher im geologischen Untergrund eingeschlossen werden, bis durch den Zerfall der radioaktiven Substanzen ihre Gefährlichkeit abgeklungen ist. Über diesen Zeitraum soll der Einschluss durch Abfallbeschaffenheit, Behälter, Stollenverfüllung und Gestein „wartungsfrei“ (d.h. ohne Sicherung und Bewachung durch Menschen) gewährleistet sein. Das bezeichnen Entsorgungsorganisationen wie die Nagra in diversen Ländern weltweit als „sicheres Endlager“. Doch die Sache hat einen Haken: Sollten nämlich in absehbarer oder weiter Zukunft lebende Gemeinschaften je auf den Gedanken kommen, noch während der nuklearen Abklingzeit nach Rohstoffen im Permokarbontrog zu suchen (Geothermie, Kohle, Gas, CO2– und Kohlenwasserstoff-Gasspeicherung im Untergrund) könnten sie ungewollt auf das Endlager stossen und radioaktiven Substanzen den Weg ins Freie öffnen.
In diesem Zusammenhang sind die „Beurteilungskriterien“ gemäss Konzeptteil des Sachplans geologische Tiefenlager unmissverständlich formuliert (siehe Tabelle A1-8, Kriteriengruppe „Langzeitstabilität“ und „Nutzungskonflikte“; Bundesamt für Energie 2011):
„Beurteilt werden die nutzungswürdigen Rohstoffe und die sich daraus allfällig ergebenden Nutzungskonflikte. Insbesondere wird beurteilt, ob im oder unterhalb des Wirtgesteins … wirtschaftlich nutzungswürdige Rohstoffe (z. B. Salz, Kohlenwasserstoffe, Geothermie, Mineralquellen und Thermen) … vorkommen. Beurteilt wird …, ob die Erschliessung und Nutzung der Rohstoffe die Barrierenwirkung des Wirtgesteins beeinträchtigen (Schichtverletzung) oder das Lager direkt treffen könnte.
Günstig ist, wenn keine Rohstoffe, … innerhalb des Standortgebietes vorkommen.“
Fossile Kohlen und Kohlenwasserstoffe: Steinkohle und Erdgas
Die bisher erschlossenen Kohleflöz-Vorkommen liegen zwar in rund 1.5 km Tiefe, was ihre Nutzung gegenwärtig erschwert. Doch neuere Methoden der in situ Kohleflöz-Entgasung (Coalbed Methane, CBM) ermöglichen – allein durch Bohrungen – seit den 80er Jahren die Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, ohne ihre aufwändige bergbautechnische Erschliessung bis in grosse Tiefen. Das Potenzial für Kohle und Kohlenwasserstoffe erstreckt sich über das gesamte Verbreitungsgebiet der Permokarbontröge. Diesen Befund belegt auch eine auf Erkundungsarbeiten der Nagra basierende Karte der potenziellen Kohlenwasserstoff-Ressourcen (vgl. Abb. 2), im Aargau auf einer Breite von 7-9 km Ost–West quer durch den Kanton (Eberhard 2016, Abb. 6).
Geothermie
Naturgegebene radioaktive Zerfallsprozesse im tiefliegenden Gestein des Erdmantels und der Erdkruste (z.B. die Transformation von Uran oder Thorium über verschiedene Nuklidstufen zu Blei) verlaufen exotherm, d.h. es wird Umgebungswärme produziert. Diese Wärme, die bis an die Erdoberfläche vordringt, wird unter dem Begriff Geothermie subsummiert. Je nach Beschaffenheit der Gesteinsschichten erfolgt der Wärmefluss infolge der unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit in abweichender Intensität (im Normalfall gilt als Faustregel eine Wärmezunahme von rund 3°C pro 100 m Tiefe). Doch an Bruchstellen der Erdkruste, wo der ursprünglich kompakte Gesteinsverband mechanisch durch Risse und Verwerfungen geschwächt wurde, kann der geothermische Fluss lokal stark erhöht sein, namentlich wo zirkulierendes Tiefenwasser nach seiner Erwärmung auf bevorzugten Fliesspfaden beschleunigt den Weg als Thermalwasser Richtung Erdoberfläche findet.
Allein die Präsenz von drei bedeutenden Thermalwasser-Nutzungen auf dem Aargauer Territorium ( Schinznach, Baden, Zurzach) ist ein starkes Indiz für regional aussergewöhnlich hohen Erdwärmefluss. In der Tat ist das geothermische Potenzial aufgrund der geologisch-tektonischen Gegebenheiten im Aargau, insbesondere rund um den Bözberg, besonders vielversprechend. Wie neuere Untersuchungen zeigen (Medici & Rybach 1995), kann im Kanton Aargau mit Wärmestromdichten von über 130 Milliwatt pro Quadratmeter (mW/m2) gerechnet werden (Durchschnittswert in der übrigen Schweiz ca. 80 mW/m2). Dies wird hauptsächlich auf tiefgreifende tektonische Schwächezonen im Grundgebirge (Randstörungen des Permokarbontrogs) zurückgeführt sowie auf Brüche und Gesteinsüberschiebungen im Faltenjura (Eberhard 2016, Abb. 6 und 7). Verschiedene Machbarkeitsstudien befassen sich denn auch mit möglichen Nutzungen der Tiefengeothermie im Kanton Aargau. Namentlich im Bereich der Permokarbontröge, wo der kristalline Untergrund entlang der Randstörungen in die Tiefe sackte, sind die Voraussetzungen für die Nutzung der Tiefengeothermie in hohem Masse gegeben.
Nagra und Ensi relativieren das Risiko
Jede Forderung, die Nagra solle ihre vorgesehenen Sondierbohrungen im Bereich des Bözbergs bis auf den Grund des Permokarbontrogs vertiefen, um damit weitere Erkenntnisse über die kilometermächtigen Sedimente aus der Perm- und Karbonzeit zu gewinnen, wird von der Nagra und der Aufsichtsbehörde (Ensi) abgewiesen. Man lese dazu beispielsweise die Formulierungen aus der Broschüre der Nagra “Ressourcen im Untergrund und geologische Tiefenlager – ein Konflikt?”
Darin ist u.a. zu vernehmen (Zitat): “Ist ein Tiefenlager errichtet worden, muss der Standort durch einen Schutzbereich gemäss Art. 40 Kernenergiegesetz vor anderen Nutzungen geschützt werden.” Sachdienlich präzisierend ergänzen wir: “… während der folgenden Million Jahre.”
Nagra und Ensi erachten eine vertiefte Erkundung der Permokarbon-Vorkommen im geologischen Untergrund der evaluierten Lagerstandorte als nicht erforderlich. Dies ist ergebnisoffenen und daher fragwürdig. Denn die im Grundgebirge nachweislich, bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhandenen Rohstoffe kann man nicht einfach mit einem “Verbot” oder einer “gesetzlichen” Auszonung vor späterer Ausbeutung schützen. Allein schon der schlichte Befund – z.B. einer Geothermiebohrung, die auf mehr als nur Wärme stösst –, könnte das Tiefenlager-Projekt in Frage stellen.
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Fazit: Das Ressourcen-Potenzial im tiefen Untergrund des Bözbergs muss nach dem Stand der Explorationstechnik abgeklärt und seine Nutzungswürdigkeit bis zu einem Zeitraum von einer Million Jahre evaluiert werden, bevor ein Tiefenlager-Projekt realisiert wird.
Alles andere untergräbt die Glaubwürdigkeit sowohl der Nagra als auch namentlich der Aufsichts- und Bewilligungsbehörden des Bundes bezüglich ihrer eigenen Beurteilungskriterien. Solange konkret absehbare Risiken nicht faktenbelegt ausgeschlossen werden können, ist ein Tiefenlager ganz einfach nicht “langzeitsicher”. Sollte also die vorgängige Abklärung der Vorkommen von Kohle, Gas und eventuell Erdöl unterbleiben, ist auch davon auszugehen, dass die vom Parlament referendumsfähig erteilte Rahmenbewilligung in einer Volksabstimmung mit grosser Wahrscheinlich abgelehnt wird.
Der Vorstand von Pro Bözberg, 2. September 2018
Referenzen
Bundesamt für Energie (2011): Konzeptteil Sachplan geologische Tiefenlager (Rev.)
Die Anhäufung von hochaktivem Atommüll beschert Mensch und Umwelt in Mitteleuropa Gefahren und Risiken für die nächste Million Jahre. Im Zwischenlager (Zwilag) von Würenlingen erhöht sich die Menge der strahlenden „Rückstande“ aus Schweizer AKW in den nächsten Jahren ganz massiv: Das Atomkraftwerk Mühleberg wird rückgebaut. Der Atommüll muss auf unabsehbare Zeit zwischengelagert werden. Die Frage der Endlagerung ist weder in der Schweiz noch weltweit geklärt.
Das seit drei Jahrzehnten von der „Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle“ (Nagra) angepeilte „geologische Tiefenlager“ im Opalinuston lässt weiterhin auf sich warten. Weil unter dem Bözberg die Gesteinsschicht Opalinuston in „erreichbarer“ Tiefe liegt und weil das Zwilag im Wortsinn „nahe-liegt“, rückte der Bözberg schon früh in den Fokus des Interesses. „Tiefen“-lager heisst nichts anderes als verbuddeln und vergessen – 1 Million Jahre für den hochaktiven Müll . So lange dürfen die radioaktiven Atome nicht an die Erdoberfläche gelangen. Das „Endlager“ muss so tief liegen, dass ihm weder tektonische Störungen (Erdbeben!), Grundwasser, noch Erosion (Eiszeiten) etwas anhaben können. Niemand sollte zudem „zufällig“ ins unsichtbare und „vergessene“ Lager hineinbohren und die Abdichtung stören und zerstören. Die Gesellschaft, Politiker und Verbände sind sich einig: Keine heutige staatliche Macht kann Sicherheit für Hunderte von tausend Jahren „garantieren“ oder gar durchsetzen.
Die Serie beginnt mit dem Artikel „Wieviel Kohle liegt unter dem Bözberg?“: Die Nagra sucht einen Endlagerstandort im Opalinuston unter dem Bözberg. Opalinuston ist eine knapp hundert Meter dünne Gesteinsschicht, die vor rund 170 Millionen Jahren im damaligen Jurameer als Ablagerung von Tonsediment entstanden ist. Unglücklicherweise liegen darunter nicht das wirtschaftlich uninteressante „kristalline Grundgebirge“ (Gneis und Granit) sondern nochmals bis 100 Millionen Jahre ältere Ablagerungen aus der erdgeschichtlichen Zeit des Perms und des Karbons. Diese Schichten im mehrere Kilometer tiefen Permokarbontrog enthalten Kohle, Gas, möglicherweise Erdöl und Erdwärme. Sollten spätere Nutzer der Erde solche Bodenschätze suchen, könnten sie unvermutet auf den verbuddelten, immer noch strahlenden Atommüll treffen und so den radioaktiven Stoffen den Weg an die Erdoberfläche ermöglichen. Dies widerspricht dem Konzept der sicheren „Entsorgung im Tiefenlager“ und birgt unkalkulierbare Risiken. Pro Bözberg hat in einer Stellungnahme von der Nagra verlangt, dass die geplanten Sondierbohrungen nicht nur den Opalinuston erkunden, sondern auch Daten aus dem Permokarbontrog liefern müssen. Aufgrund der heutigen Kenntnisse und geltenden Kriterien darf ein Endlager nicht über nutzbaren Bodenschätzen angelegt werden.
Weitere Themen/Aspekte werden Bözberg-orientiert und vertieft dargestellt (Auswahl): Das Erdbebenrisiko eines schweizerischen Endlagers im europäischen Vergleich. Die Risiken des Endlagers für das dichtest besiedelte Rheintal bis nach Holland. Wie versuchen andere Länder ihre Probleme mit dem Atommüll anzugehen? Die Rahmenbewilligung als Alibi für neue Atomkraftwerke der 4. Generation? Wo bekommen wir für unser Geld den sichersten Lagerplatz? Wie gefährlich ist Radioaktivität wirklich?
Angesichts der zehntausenden von Berichtseiten, der bisherigen Irrungen und Schwenkungen der Nagra (vom Anhydritgestein der Standorte Airolo, TI, und Ollon VD, zum Mergel des Wellenberg, NW, über das Kristalline Grundgebirge des Piz Pian Grand, GR, sowie der Nordschweiz bis hin zum Opalinuston), der verharmlosenden Propaganda, der undurchsichtigen Verflechtungen der Akteure ohne klare Organigramme, Pflichtenhefte und Verfahren ist es für die Bewohner der vorgesehenen Standortgebiete fast unmöglich, den Überblick über Fakten und Mutmassungen zu behalten. Gegenexpertise folgt auf Expertise, was wiederum nach Oberexpertisen ruft. Sicher ist: Es dauert nach den bisherigen Erfahrungen noch lange, bis sich eine realistische und realisierbare Lösung konkretisiert; die Zeitpläne der Nagra waren und bleiben wirklichkeitsfremd.
Die langen Planungszeiten bergen grosse Risiken wie Unfälle, politische und wirtschaftliche Veränderungen, die heutige Annahmen völlig verändern können. Als Vorteile des Vorgehens „Eile mit Weile“ erweisen sich: Die geologischen Kenntnisse werden immer besser. Die technische Entwicklung geht (zurzeit) im Gleichschritt mit dem Wachstum und der Globalisierung weiter. Es besteht damit die Pflicht, sich laufend und intensiv mit grundsätzlichen Fragen, Vergleichen und besseren Lösungen auseinanderzusetzen – und die Erkenntnisse in den Entscheidungen über die Zukunft des Schweizer Atommülls zu berücksichtigen.
André Lambert und Heiner Keller, Mitglieder des Vorstandes, 10. September 2018