Vom Wesen des Waldes

Auslichtungsarbeiten südlich des Quartiers Alte Saline (Rheinfelden)

 

Leserbrief an die Lokalpresse fricktal.info (6. Oktober 2023) und Neue Fricktaler Zeitung (13. Oktober 2023)

 

Dass der Wald rund um die Alte Saline nie zur Ruhe kommt, ist störende Erfahrung. Jetzt wurden die bekannten violetten Zeichen in unmittelbarer Wohnnähe angebracht – viele oder sehr viele – Bäume sind für die Kettensäge vorgesehen. Wer sich vor seinem innern Auge vorstellt, was nach dieser Fällaktion übrigbleibt, ahnt, dass hier der Wald in seinem Wesen ge- und zerstört wird.

Um klar zu werden: Es geht hier nicht um die mangelnde Einsicht der Anwohner in die Notwendigkeit von Auslichtungsarbeiten, es geht um das Ausmass oder besser: um die Masslosigkeit dieses Vorhabens.

Der Wald ist ein Ökosystem, also ein Zusammenspiel vieler Faktoren. Dazu gehören  beispielsweise ein eigenes Waldklima, eine tiefere Temperatur als in der waldfreien Umgebung herrscht, im Boden ein Pilzfaden-Internet, mit dem viele Bäume untereinander verbunden sind und mit dem Stoffe in allen Richtungen ausgetauscht werden.

Nur schon diese 3 Faktoren werden durch die geplanten Arbeiten beschädigt oder auch ganz zerstört.

Waldbau heisst im Wesentlichen „imiter la nature“. Die Methoden des Forstes kümmern sich aber immer weniger um die Natur des Waldes , diese weicht dem Maschineneinsatz, mit dem zwar die Holzernte etwas verbilligt  wird, die aber zu empfindlichen Langzeitschäden führt. Das erwähnte Pilz-Netzwerk im Boden wird  durch die Erntemaschinen zerstört, es liegt nur etwa 30cm tief im Boden. Es ist aber für die Fruchtbarkeit des Waldbodens verantwortlich, und braucht nach seiner Zerstörung mehrere Jahrzehnte zur Regeneration.

Der Waldbau in Rheinfelden (und damit im ganzen Fricktal – Ausnahme: Sulz) leidet unter einem signifikanten Mangel an Sensibilität der Forstwirtschaft, der Waldeigentümer und der Kontrollorgane. Dabei meint Sensibilität nicht „Sentimentalität“, sondern z.B. Wissenschaftlichkeit.

Das erwähnte Pilznetzwerk ist kürzlich in einem wunderbaren Buch  („Entangled Life“)  dargestellt worden, dort wird u.a. eine Douglasie erwähnt, die mit 250 Bäumen über Pilzfäden verbunden ist. In den Wäldern Bosniens  sagte mir  schon vor ein paar Jahrzehnten ein Förster, sein  Beruf  verlange eine „weibliche“ Hand: er meinte natürlich, eine „sensible“ (dieser Förster war  an der ETH-Zürich ausgebildet worden!). Es ist, als würde im Fricktal altes und neues Fachwissen zugunsten der modischen Waldmaschinenkultur vergessen und verdrängt.

Dabei gäbe es aktuelle Beispiele, wie man es richtiger machen könnte, nicht nur in Sulz oder Basadingen (TG), sondern auch in der Mitte unseres Kantons: Südlich von Aarau konnte ich kürzlich ein Waldrevier besichtigen, in dem naturnah gewirtschaftet wird:

Keine Löcher im Wald (also Waldklima, keine Randeffekte), Naturverjüngung (keine Pastikröhrenfelder), Einzelbaumernte (also keine Flächenhiebe, damit keine Neophyten), kein schweres Gerät auf Waldboden (Seilwinde oder Pferdeeinsatz), kleinräumig viele Baumarten – und dieses System  funktioniert! Es gibt schwarze Zahlen in der Waldrechnung, es gibt Beifall von der Bevölkerung, die Eigentümer motzen nicht – warum um Himmels Willen ist der Fricktaler Forst so lernresistent und unsensibel? Vielleicht sollte Rheinfelden seinen nächsten Waldumgang im erwähnten Wald bei Aarau  durchführen, um einmal eine bessere Waldwirtschaft  kennen zu lernen – eine die sich wirklich Mühe gibt, die Natur nachzuahmen.

Diese Zeilen sind dem Kind gewidmet, das vergeblich  mit Wasser und Seife die violetten Baummarkierungen entfernen wollte.

Jürg Keller, Rheinfelden (Mitglied von Pro Bözberg) 

«ENERGIE» und «KLIMAWANDEL» Definitionen und Erklärungen von Prozessen

Jürg Keller, Heiner Keller, Hanni Winkenbach

 

I. ENERGIE

A. Definition

Energie hat die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten, Wärme abzugeben oder Licht auszustrahlen. Sie ist also nötig, wenn etwas in Bewegung gesetzt, beschleunigt, hochgehoben, erwärmt oder beleuchtet werden soll.

B. Formen der Energie

 Beispiele:
– Bewegungsenergie (kinetische Energie)
– Lageenergie (potentielle Energie)
– Wärmeenergie
– Elektrische Energie
– Atomenergie, Kernenergie
– Strahlungsenergie (elektromagnetische Wellen, Sonnenlicht)
– Chemische Energie (z.B. im Zuckermolekül)

C. Umwandlungsprozesse

Bei physikalischen, technischen, chemischen oder biologischen Vorgängen kann Energie von einer Energieform in andere Energieformen umgewandelt werden.

Beispiele: In grünen Pflanzen wird die eingestrahlte Sonnenenergie in chemische Energie (z.B. Stärke) umgewandelt, bei Wasserkraftwerken die Lage-Energie des höher gelegenen Wassers zuerst in mechanische Energie (Turbinendrehung), und diese im Generator in elektrische Energie umgewandelt. Bei jeder Umformung entstehen Verluste, meistens als Abwärme.

D. Sonnenenergie

Die Energie der Sonnenstrahlung entsteht im Inneren der Sonne durch Kernfusionen und gelangt als elektromagnetische Strahlung zur Erde. Die Kernfusionen erfolgen mit unregelmässigen Intensitäten, und werden in geologischen Zeiten ihr Ende erreichen.

E. Die Sonnenenergie auf der Erde

Sonnenenergie ist die Energie, die in der Sonneneinstrahlung enthalten ist, und:
a) in grünen Pflanzen zu chemischer Energie umwandelt wird (Photosynthese) und
b) Land, Atmosphäre und Wasser erwärmt
c) Wasser verdunstet, das als Wasserdampf mit Winden aufs Land transportiert wird
d) Wärmespeicher füllt (z.B. Kollektoren), oder mit Silizium photovoltaischen Strom produziert.

F. Die Energiespeicher auf der Erde

Ein Anteil der eingestrahlten Sonnenergie wird/wurde in Speichermaterialien konserviert:

1 – Speicher aus biologischem Material

a) Kohle ist ein Produkt aus Holzstämmen und anderen Pflanzenteilen, die unter Luftabschluss über viele Mio. Jahre im Prozess der «Inkohlung» über Braunkohle zu Steinkohle, oft noch zu Anthrazit umgewandelt wurde. Bei diesem Prozess erhöht sich ständig der spezifische Gehalt an Kohlenstoff. Steinkohle ist etwa 300 Mio. Jahre alt.
b) Erdöl entsteht, wenn abgestorbene pflanzliche und tierische Kleinstlebewesen (Plankton) in einem sauerstoffarmen Umfeld umgewandelt werden. Solche Bedingungen findet man in abgeschlossenen Meeresbecken. Das Entstehungsalter von Erdöl liegt zwischen 60 Mio. und 200 Mio. Jahren.
c) Erdgas ist aus toten Lebewesen unter Mitwirkung von hohem Druck und Temperaturen entstanden. Seine Entstehung fand in fast allen Abschnitten der Erdgeschichte statt.
d) Holz ist ebenfalls ein Produkt der Photosynthese. Ohne Verbrennung, Luftabschluss (Inkohlung) oder Verwendung als Bauholz würde Holz vermodern, hauptsächlich durch Pilze, die Holz als Energiequelle nutzen.

2 – Geologische Speicher

a) Ein großer Teil der Eigenwärme der Erde stammt aus der Zeit ihrer Entstehung vor 4,7 Mrd. Jahren. Etwa die Hälfte der heute vorhandenen Erdwärme wird als Restwärme der damaligen Prozesse angesehen. Das Erdinnere ist heiss und gibt seine Wärme allmählich an die Oberfläche ab. Dies funktioniert am besten bei dünner Erdkruste (Island, Yellowstone-Nationalpark). 
Bei vulkanischen Aktivitäten dringt die Wärme des Erdinnern plötzlich an die Oberfläche. Damit können heisse Lavateppiche ausfliessen und solche Mengen von Ascheteilchen in die Atmosphäre geschleudert werden, dass das Sonnenlicht nur reduziert auf die Erde gelangt: Dies kann eine dramatische Abkühlung zur Folge haben oder auch beim Ausstoss von CO2 gegenteilig wirken

b) Mit Eingriffen in Atomkerne lassen sich enorme Energiemengen freisetzen. Man unterscheidet dabei zwischen Kernspaltungen (Uran, AKW) und Kernfusionen (zu Heliumatomen. Diese Technologie ist noch in Entwicklung, die Erwartungen/Hoffnungen sind gross).

G. Die Bedeutung der Photosynthese

Die Photosynthese (PS) mit ihrem grünen Energiewandler Chlorophyll hat mit zwei Effekten das Leben auf der Erde überhaupt erst ermöglicht:

  • Die PS braucht CO2 und gibt Sauerstoff ab. Erst mit der PS erhielt die Atmosphäre ihren heutigen 20%-Anteil an Sauerstoff und der Gehalt an Kohlendioxid wurde so stark reduziert, dass die Erdtemperatur «lebensverträglich» wurde.
  • Die PS wandelt die Energie des Sonnenlichtes in chemische Energie: z.B. Traubenzucker, Stärke, Holz.
  • Die Kurzformel der Photosynthese lautet in Worten:
    Kohlendioxid und Wasser werden mit Lichtenergie im Blattgrün* in chemische Energie und Sauerstoff umgewandelt.
  • oder noch kürzer:
    Lichtenergie + CO2+ H2O –> (im Blattgrün*) –>Sauerstoff + chemische Energie
    *Blattgrün (=Chlorophyll) funktioniert als Energieumwandler (wie Silizium in Solarzellen).

H. Atmung als Umkehr der Photosynthese

Lebewesen ohne Blattgrün (Mensch, Tiere, Pilze) benötigen für ihre Lebensfunktionen PS-Produkte (z.B. Stärke), die sie mit Hilfe von «eingeatmetem» Sauerstoff aufspalten, wobei Kohlendioxid entsteht («ausgeatmet») wird. Die in den PS-Produkten gespeicherte Energie wird dabei freigesetzt und kann für den Stoffwechsel oder das Wachstum eingesetzt werden.

J. Verbrennung

Bei jeder Verbrennung (Kohle, Erdöl Erdgas, Holz) wird durch Zufuhr von Sauerstoff die gespeicherte Energie (als Wärme) samt dem gebundenem CO2 wieder freigesetzt. Die Verbrennung ist also der Atmung vergleichbar.

K. Solarzellen und Sonnenkollektoren

a) Solarzellen wandeln – am häufigsten mit Silicium – die Energie des Sonnenlichtes in elektrische Energie um. Dieser Prozess wird auch als Photovoltaik bezeichnet. Im Prinzip ist dies also eine Nachahmung der Photosynthese, wobei aber weder Sauerstoff noch Kohlendioxid beteiligt sind.

b) Sonnenkollektoren werden oft fälschlicherweise als Solarzellen bezeichnet: Sie wandeln Sonnenenergie lediglich in Wärme um, und speichern diese meistens in Wasser oder Öl.

 

II. KLIMAPROBLEMATIK

A. Definition des Begriffs «Klima»

Zur Findung von Klimawerten werden Monatsmittelwerte (diese ermittelt aus den täglichen Wetterverläufen), über 30 Jahre in einem Datensatz zusammengefasst. Diese 30 Jahre betreffen weltweit einen standardisierten Zeitraum: Bis einschließlich 2020 war die Referenzperiode der Jahre 1961 bis 1990 der gültige und allgemein gebräuchliche Vergleichsmaßstab. Auf diesen folgte mit Beginn des Jahres 2021 die Normalperiode 1991 bis 2020. Diese Durchschnittsbildung verhindert, dass extreme und einzelne Wetterereignisse über Gebühr in die Klimabeschreibung eingehen.

Der extrem heisse und noch trockener Sommer von 1947 (5 Hitzewellen!) ist inmitten von relativ normalen Vor- und Nachjahren, und fällt deshalb bei den Klimawerten 1930/60 kaum ins Gewicht. Anders sieht es in der Periode 1990/2020 aus: Dort bündeln sich die Hitzesommer so dicht, dass der Klima-Wert sich signifikant von seinen Vorgängerwerten unterscheidet, weshalb dies ein deutlicher Hinweis für eine Klimaänderung ist.

 

B. Klimabestimmende Faktoren

Die einfallende Sonnenstrahlung wird auf der Erde teilweise absorbiert, und teilweise in den Weltraum reflektiert. Zwischen Erde und Weltraum befindet sich die Atmosphäre, die ebenfalls Sonnenlicht teilweise absorbiert und teilweise reflektiert. Dabei spielen Wolken als Produkt der Wasserverdunstung eine entscheidende Rolle: Wasserdampf ist als natürliches Klimagas zwei- bis dreimal so wirksam wie Kohlendioxid. Ohne Wasserdampf in der Atmosphäre hätte Leben nicht entstehen können: Die Erdtemperatur läge dann deutlich unter dem Gefrierpunkt.

Das Klima ist abhängig von der Entfernung vom Äquator, von der Entfernung von Ozeanen, von der Höhe über dem Meeresspiegel, von der West-Ost -Lage auf den Kontinenten, von der herrschenden Vegetation (z.B. Waldklima), von der Sonnenexposition, von Gebirgszügen und ihrer Richtung.

Zusätzlich zum Wasserdampf enthält die Atmosphäre vom Menschen freigesetzte Klimagase, die wegen ihrer Wärmeabsorption berüchtigt sind: Sie heizen Ozeane und Kontinente wetter- und klimawirksam auf. Anderseits können Vulkanausbrüche riesige Mengen an Aschenteilchen in die Atmosphäre schleudern. Diese können das Sonnenlicht vor dem Erreichen der Erdoberfläche so wirksam reflektieren, dass sich die Erde darunter abkühlt. In der Erdgeschichte kam dies relativ häufig vor (Vulkanausbrüchen können aber mit massiven CO2-Ausstössen auch massive Erwärmungen bewirken!)

Das Klima hat sich häufig verändert; bei den Dinosauriern war die Erde 6 Grad wärmer bei etwa dreimal höherer CO2-Konzerntration als heute. Als Ursachen können geringe Änderungen der Erdbahn um die Sonne, die Verschiebung der Kontinente, die Sonnenaktivitäten, und aber auch Klimagase geltend gemacht werden. Die CO2-Konzentration der Atmosphäre war bis zur industriellen Revolution weniger als halb so gross wie heute (aktuell 415 ppm*, 1970 waren es noch 315 ppm). Wenn heute der von der Menschheit verursachte Anstieg der Klimagase für die aktuelle Klimaerwärmung geltend gemacht wird, fusst dies nicht auf «Meinungen» sondern auf Berechnungen: Alle bekannten natürlichen Stör-Faktoren wurden weggerechnet, bis am Schluss die Klimagase als Hauptschuldige übrig blieben. Diese mischen sich mit der Atmosphäre so vollständig, dass ihre Konzentration in allen Weltgegenden gleich hoch ist.

*ppm= parts per million, heute gebräuchliche Einheit: 415 ppm = 0.0415 %  

 

C. Die Bedeutung der Klimagase

Treibhausgase nehmen (absorbieren, statt reflektieren) die eingestrahlte Sonnenenergie so auf, dass sie die Erde zusätzlich zu den natürlichen Gasen die Atmosphäre aufheizen. Das Kyoto-Protokoll nennt sechs vom Menschen emittierte Treibhausgase: Die aktuell wichtigsten davon sind Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), und Lachgas (N2O):

  • Kohlendioxid entsteht bei allen Atmungs- und Verbrennungsprozessen
  • Methan (20mal wirksamer als CO2) gelangt aus Wiederkäuermägen in die Atmosphäre (1 Kuh stösst täglich 300 Liter Methan aus, 1 Schaf 50 Liter), und entweicht aus trocken gelegten Mooren
  • Lachgas (300mal wirksamer als CO2) entsteht aus tierischem Dünger (Jauche) und Stickstoffdünger. 

 

D. Fossile Energiespeicher und ihr Kohlendioxid

Fossile Energiespeicher sind geologisch alte Depots von photosynthetischen Produkten, die unter Luftabschluss einen Umwandlungsprozess (z.B. Inkohlung) durchliefen und dabei zu Kohle, Erdöl, Erdgas und Torf wurden.
Bis zur industriellen Revolution (beginnend ca. 1750) deckte die Menschheit ihren Energiebedarf fast ausschliesslich mit Holz. Dann begann die Nutzung fossiler Energiespeicher, zuerst Kohle, später Erdöl und Erdgas. Damit wird das durch die PS über Jahrmillionen der Atmosphäre entzogene CO2 wieder freigesetzt, womit die gegenwärtige Klimaerwärmung immer schlüssiger erklärt werden kann.

 

E. Holz als Energiespeicher

Baumstämme waren das Ausgangsmaterial für Kohle. Unter Luftabschluss haben sie sich über Braunkohle in Steinkohle und zu Anthrazit gewandelt, ohne dabei ihren ursprünglichen Kohlenstoffgehalt zu verlieren.
Im heutigen Wirtschaftswald sind geschlagene Stämme Energie- und CO2-Speicher, die während des Baumwachstums «gefüllt» wurden. Will man diese Speicher erhalten, müsste Holz als Bauholz erhalten bleiben. Wer aber Holz verbrennt, macht im Prinzip das Gleiche, wie wenn er einen fossilen Brennstoff verbrennt. Man wechselt einfach z.B. von Kohleverbrennung zur Verbrennung von Holzschnitzeln: Das ist ein blosser Austausch (Substituierung), keine prinzipielle Änderung.

 

F. «Erneuerbare Energien»

Der Begriff ist physikalisch eigentlich falsch: Der Energiegehalt des Weltalls ist gegeben, Energie kommt in verschiedenen Formen vor, geht aber nicht verloren und kann auch nicht erneuert werden.
Man meint mit dem Begriff «erneuerbare Energien» heute gemeinhin die Nutzung der aktuell eingestrahlten Sonnenenergie. Diese liefert Lichtenergie und die Wärmestrahlung. Die Lichtenergie wird von grünen Blättern (PS) und Solarzellen genutzt, die eingestrahlte Wärme von Wärmepumpen, Kollektoren, Erdsonden und vom gesamten Wettergeschehen: mit diesem lassen sich von höheren Lagen niederfliessende Gewässer in Turbinen nutzen, oder auch Windmühlen antreiben.
Alle diese Nutzungen greifen nicht in den Haushalt der vorhandene Energiespeicher ein, setzen also auch keine Klimagase frei. Diese Nutzungen sind deshalb «klimaneutral», weil sie die Klimagase in der Atmosphäre nicht anreichern. Der Prozess, der zu dieser Klimaneutralität führt, heisst Dekarbonisierung, mit folgender Definition (Wikipedia):
Bei der Dekarbonisierung werden Handlungen und Prozesse, durch die CO2 (Kohlenstoffdioxid) freigesetzt wird, durch solche Prozesse abgelöst, bei denen diese Freisetzungen unterbleiben.

 (Von «klimafreundlich» sollte man erst sprechen, wenn man nicht nur den status quo der Atmosphäre halten will, sondern diesen durch aktive Reduktion der Klimagase verbessern will. Das versucht u.a. die «NET», siehe unten).

 

G. Die Entnahme von Klimagasen aus der Atmosphäre

Unsere Atmosphäre enthält bereits bedenklich viele Klimagase: Seit 1800 hat sich die Konzentration von CO2 in der Luft mehr als verdoppelt. Die Zunahme der Hitzesommer dürfte – auch bei vorsichtiger Wertung der Messergebnisse – auf diese Zunahme zurückzuführen sein.  „Klimaneutralität“ reicht also nicht mehr, um der jetzigen Klimaerwärmung Herr zu werden. Dazu muss der aktuelle Gehalt an Klimagasen reduziert werden, also vor allem CO2 aus der Luft entfernt werden. Es bieten sich dazu 2 Möglichkeiten an:

a) Die einfachste Möglichkeit: Die Vergrösserung des Holzspeichers
Holz entsteht unter Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre Dieser CO2-Speicher dürfte deshalb nicht durch Verbrennung geleert werden, sondern müsste als Bauholz langfristig konserviert bleiben.
Mit neuen Aufforstungen könnte zusätzliches CO2 der Atmosphäre entnommen werden.
Die Waldwirtschaft könnte einen weiteren Beitrag leisten, indem sie die Bäume älter werden liesse. Meistens werden sie in dem Alter geschlagen, in dem sie am meisten Holz bilden könnten (frisch gepflanzte Bäume brauchen ein paar Jahrzehnte, bis sie ihre PS-Produkte namhaft in das Stammwachstum «investieren», vorher hat der Ausbau des Wurzelwerkes Priorität.

Dieser natürlichen Aufstockung der CO2-Speicherung im Wald steht die Waldpolitik rechtwinklig im Weg. Als «Energieholz» bringt der Wald schwarze Zahlen in die Rechnung der Wald-Eigentümer – und deren Lobby ist politisch stark. Der Homo politicus ist weniger wissenschaftlich ansprechbar als über kurzfristigen Gelderwerb und amortisationspflichtige Prestige-Maschinen. Das Gebot der Dekarbonisierung droht deshalb an der Kurzsichtigkeit der Menschheit zu scheitern.

b) Mit technischen Mitteln CO2 aus der Luft entfernen (NET)
Dieses neue Werkzeug ist in der Pilotphase: Die grösste Anlage dazu steht in Island und heisst «Orca». Das herausgefiltert CO2 wird mit heissem Gestein in eine dauerhafte Verbindung gebracht. Weil dabei der CO2-Gehalt der Atmosphäre vermindert wird, bezeichnet man diese Technik als «Negativ-Emissions-Technologie» (NET). Andere Technologien mit ähnlichem Ziel werden unter dem Begriff «Direct Air Capture and Storage» (DACS) zusammengefasst.

c) Es ist auch möglich, den Prozess der Inkohlung (vom frischen Pflanzenmaterial zur Steinkohle) technisch in kurzer Zeit bei hoher Wärme durchführen: Aus Schnittgut wird dabei Pflanzenkohle. Diese ist im Ackerboden ein dauerhafter Kohlendioxidspeicher und soll die Bodenfruchtbarkeit unterstützen. (Pilotprojekt IWB in Maisprach BL).

 

J. Holzverbrennung und Klimaneutralität – eine Selbsttäuschung.

Holzverbrennung zur Wärmegewinnung wird häufig als nachhaltig, klimafreundlich, oder gar CO2- neutral bezeichnet, und wird damit von der Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle, Erdöl, Gas) unterschieden. Mit Wärmezentralen, die Holzschnitzel verbrennen, wird mit diesem allgemein verbreiteten Irrtum ein gutes Klima-Gewissen eingehandelt – ohne Berechtigung.
Der Verbrennungsprozess ist bei allen Brennstoffen chemisch-physikalisch gleich. Kohle, Erdgas und Erdöl sind wie Holz aus der PS hervorgegangen, und ihre Verbrennung bedeutet immer die Umkehr ihres Entstehungs-Prozesses, also: Sauerstoff wird gebraucht, CO2 und (Wärme-) Energie werden freigesetzt.
Die fossilen Energieträger stammen aus geologisch alten Zeiten und können deswegen nicht mehr erneuert werden. Holz ist der jüngste Brennstoff und Bäume wachsen bekanntlich in 1-3 Jahrhunderten wieder nach. Dieses Nachwachsen täuscht einen prinzipiellen Unterschied zur Verbrennung fossiler Brennstoffe vor, den es nicht gibt: Die Holzverbrennung setzt pro Wärmeeinheit sogar mehr CO2 frei als die Verbrennung von Gas, Erdöl oder Kohle. Die Gleichheit von allen Verbrennungsprozessen wird oft auch von denen nicht begriffen, die von der Notwendigkeit der Dekarbonisierung überzeugt sind, die aber das bei der Holzverbrennung freigesetzte CO2 offenbar für ein sehr spezielles CO2 halten:
Holz ist ein Energie- und CO2-Speicher wie Kohle, Gas Erdöl. Mit seiner Verbrennung wird dieser Speicher sofort und ganz geleert:  Das während der Wachstumszeit des Baumes aufgenommene CO2 wird plötzlich der Atmosphäre zurückgegeben, und wirkt dort auch sofort als Treibhausgas.
Diese Wirkung wäre bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen aber ziemlich gleich.
Nun wächst der Wald aber nach, und innerhalb eines Jahres wird wieder so viel Holz geschlagen, wie nachgewachsen ist («Nachhaltigkeit der Nutzung»). Dieser neue Speicher wird bei seiner Verbrennung aber auch wieder sofort geleert, denn Schnitzelheizungen brauchen kontinuierlich Brenngut.
Würde man nun anstelle von Holz Erdgas verbrennen, würde der globale Gasspeicher zwar kleiner, aber der Wald könnte in dieser Zeit seinen CO2- Speicher entsprechend vergrössern (als Bauholz oder durch Baumwachstum).
Gleicherweise: Wer mit Erdöl heizt, reduziert zwar die Erdölvorräte, schont aber die Erdgasvorkommen, das Waldholz und die Kohlevorräte: Bei jeder Verbrennung wird ein Brennstoff-Reservoir angezapft. Nur bei der Nutzung von Wasser-, Wind und Sonnenergie nutzen wir keines unserer Energiedepots, sondern können unsere Energielager mittels zunehmende Holzvorräte sogar vergrössern.
Holzverbrennung ist folglich nichts als eine Substituierung (Ersetzen) des Energieträgers. Dies ist in Zeiten, in denen fossile Brennstoffe als Waffe eingesetzt werden, verständlich. Am grossen Ziel der «Klima-Rettung» ändert dieser aktuelle Zwang aber nichts: Wir müssen uns von Verbrennungsprozessen aller Art trennen, also konsequent dekarbonisieren. Holzverbrennung ist dabei kein Ausweg, sondern wie Kohle-, Gas- oder Erdöl-Verbrennung auch nur eine Karbonisierung.

 

K. Zum Schluss: Die politische Hoffnung: «Netto-Null»

Die menschliche Natur lässt keine Hoffnung auf eine völlige Vermeidung der CO2-Emissionen zu.

Weil aber die Ozeane ungefähr die Hälfte unserer Emissionen aufnehmen (CO2 wird in den Ozeanen gelöst wie im Mineralwasser), müssen wir «nur» die Hälfte davon vermeiden. Diese Reduktion um 50% wird als «Netto-Null» bezeichnet, weil die Atmosphäre dabei keine Anreicherung von CO2 erfährt. Dazu haben wir noch etwas, aber wenig Zeit: Bei 500 ppm CO2 wird es endgültig ungemütlich auf unserem Planeten. Innert 2 Jahrhunderten haben wir den natürlichen Gehalt (weniger als 200 ppm) mehr als verdoppelt: 2020 waren es bereits 415 ppm, und wir legen weiterhin zu. Die Bremsung der Zunahme kann aber relativ einfach durch die gezielte Förderung von Wäldern erreicht werden: Vor allem in den gemässigten Breiten könnten bei entsprechender Bewirtschaftung Bäume die genannte Hälfte unserer CO2-Emissionen aufnehmen. Man müsste das im Holz gespeicherte Kohlendioxid aber in Bauholz gespeichert halten, und nicht durch Verbrennung freisetzen.

NB: «Nachhaltigkeit»
Der Begriff ist derart missbraucht worden, dass er fast nur noch für Missverständnisse taugt. Man verzichte deshalb generell auf seine Verwendung; er wurde hier deshalb auch nicht benützt.

 

Verfasst von:
Jürg Keller, Rheinfelden, 04.09.2022
mit der wesentlichen Mithilfe von Heiner Keller, Zeihen, und Hanni Winkenbach, Münchenbuchsee (alle ETHZH)

Nukleare Tiefenlager: Pro Bözberg nimmt Stellung

Nukleare Tiefenlager: Pro Bözberg nimmt Stellung

Medienorientierung der Nagra am 3. November 2020 über laufende Bohrungen:  
Pro Bözberg kritisiert voreilige  Folgerungen und verfrühte Standortwahl

Die Gebiete Bözberg (Jura Ost), Nördlich Lägern sowie Zürcher Weinland (Zürich Nord-Ost) sind seit zwei Jahrzehnten alternativlos die einzigen drei Standort-Optionen, falls ein nukleares Endlager im Inland realisiert werden sollte. In diesen drei Gebieten führt die Nagra seit 2019 einmal mehr Sondierbohrungen durch. Darüber berichtete sie am 3. November 2020 im Rahmen eines online durchgeführten Anlasses für die angemeldeten Medienschaffenden.
https://www.nagra.ch/de/news/medienmitteilungdetail/in-allen-drei-gebieten-koennten-wir-ein-sicheres-tiefenlager-bauen.htm

Vorgezogene Schlussfolgerungen auf ungenügender Faktenbasis

Obschon die Bohrkampagne erst seit wenigen Monaten läuft und noch mindestens zwei weitere Bohrungen vorgesehen sind, zieht die Nagra bereits abschliessend positive Folgerungen, ohne wirklich offenzulegen, auf welchen Fakten diese beruhen.
Pro Bözberg erachtet diesen Befund in seiner Voreiligkeit als wissenschaftlich fragwürdig. Denn die präsentierten Resultate beschränken sich auf die Eigenschaften des angeblich geeigneten Lagergesteins (Opalinuston). Doch dies allein genügt für die Beurteilung der Langzeitsicherheit eines Standorts bei weitem nicht! Denn es gilt, zusätzliche, absolut sicherheitskritische Faktoren zu bewerten: u.a. tektonische Beanspruchung, Oberflächen- und Tiefengrundwasser, geochemische Verhältnisse, seismische Risiken. Besonders  heikel sind Erosionsfragen: Selbst ein ideales Wirtsgestein ist absolut wertlos, wenn es ein künftiger Eiszeit-Gletscher in geologisch kürzester Zeit samt Lagerinhalt weggeschürft.

Aus dem Blickwinkel einer nüchternen Bewertung aller sicherheitskritischen Faktoren bleiben an den drei Standortgebieten weiterhin fundamentale Fragen offen. Diese Überzeugung vertritt  der Vorstand von Pro Bözberg namentlich aufgrund von Erkenntnissen während seiner Studienreisen nach Frankreich (https://proboezberg.ch/atommu%cc%88ll-endlager-studienreise-nach-frankreich-bringt-neue-erkenntnisse/) sowie im Felslabor Mont Terri (Kt. JU): Vor Ort konnte er sich von Sachverständigen unabhängig informieren lassen. Gestützt auf diese Erfahrungen hält Pro Bözberg fest: Die bohrtechnischen Untersuchungen der Nagra und die Feststellung, dass geeignetes Gestein zur Verfügung steht ist lediglich ein Puzzleteil in der Sicherheits-Gesamtbeurteilung. Erst auf der Basis einer umfassenden Gesamtsynthese des aktualisierten Kenntnisstands und der Bewertung der noch offenen sicherheitskritischen Fragen einschliesslich des Einlagerungskonzepts, wird ein wissenschaftlich konsistenter Vergleich der Langzeitsicherheit in allen drei Standortgebieten belastbar Bestand haben können.

Standortentscheid 2022

Ungeachtet all dieser fundamentalen Vorbehalte bekräftigte die Nagra auch an dieser Medienorientierung, bereits 2022 den Standort für die Ausarbeitung des Rahmenbewilligungsgesuchs bekanntgeben zu wollen. Dies wäre allerdings die Vorwegnahme der Standortwahl, mithin ein Entscheid von ungeahnter Tragweite! Wer aber davon ausgeht, die Nagra würde diesen voreiligen Standortentscheid zumindest mit einer sachlich konsolidierten Begründung vorlegen, unterliegt einem Irrtum. Denn Pro Bözberg hatte dazu die konkrete Frage dem Technischen Forum Sicherheit gestellt (https://www.ensi.ch/de/technisches-forum/vorzeitige-standortfestlegung-in-etappe-3/). In der publizierten Antwort der Nagra wird lediglich ein „kurzer Bericht“ in Aussicht gestellt, denn die Begründung werde zgZ. in den Gesuchen zur Rahmenbewilligung dokumentiert. Also erst in vielen Jahren! Ein irritierendes Vorgehen; es verstärkt den unguten Eindruck, der Standortentscheid werde vorzeitig, irreversibel und trotz noch lückenhafter Sachgrundlage  am Publikum vorbei zur vollendeten Tatsache in Stein gemeisselt.

Dies stünde im eklatanten Widerspruch zu den Beteuerungen der Nagra, wonach sie der Sicherheit stets erste Priorität einräume. Genau diese Prämisse dominiert auch die Verlautbarungen der zuständigen Bundes- und Kantonsbehörden. Ebenso kompromisslos unterstreicht der Verein Pro Bözberg diese Forderung und beobachtet mit weiterhin geschärfter Aufmerksamkeit die Entwicklung. Der Vorstand wird sich im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ggf. bei den zuständigen Behörden Gehör zu verschaffen wissen.

Der Vorstand

Bözberg, 23. November 2020

Der Wald ist in Gefahr durch seine Funktionäre!

Jürg Keller, Fassung 5. Juli 2020
Als offener Brief an Regierungsrat Stephan Attiger mit Absender PRO BÖZBERG entworfen

 

In tiefer Sorge um unseren Wald – seine Funktionen und seine Schönheit – wenden wir uns an die Kantonsregierung und die Stimmberechtigten des Aargaus mit folgenden Hinweisen:

Unsere Wälder leiden nicht nur an Trockenheit, Stürmen und Borkenkäfern, sondern vor allem durch die groben Eingriffe der Forstwirtschaft.

Das Ökosystem Wald kann seinen Nutzen beim Klimawandel nur als geschlossene Baumformation wahrnehmen. Das Klimagas Kohlendioxid wird nur in grösseren Stämmen gespeichert, also erst im mittleren Alter eines Baumlebens.

Trotz dieser allgemein bekannten Sachlage schlägt die moderne Forstwirtschaft grossflächige Löcher in die Wälder, die dem Wald-Ökosystem mehrfach schaden und seine Bedeutung für die Landschaftsästhetik schädigen.

Der naturnahe Wald dient dem Menschen eigentlich hilfreich zu. Mit ihren Maschineneingriffen macht die Forstwirtschaft aber aus dem Helfer einen Pflegefall. Dies zeigt sich beispielsweise bei der Verjüngung: Statt dass man diese dem Wald überlässt, werden die nackten Flächen teurer und plantagenartig aufgeforstet.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Forstwirtschaft ist auf dem Weg, das verunglückte Experiment mit unserer Landwirtschaft zu wiederholen. Eine Subvention gebärt eine neue und diese führen noch tiefer in die Sackgasse des heutigen Waldbaus. Die neuen Erntemaschinen im Wald funktionieren wie die Mähdrescher im offenen Land. Und bereits folgt die Forstwirtschaft dem Geschäftsmodell der Landwirtschaft: Grössere Flächen und grössere Maschinen treiben die gleiche Subventions-Spirale an. Die Maschine diktiert die «Waldpflege», wodurch der Wald aber zum langweiligen und aufgerissenen Forst wird.

Der Wald ist in der Regel im Eigentum der Ortsbürgergemeinden. Eigentum sollte eigentlich verpflichten, aber Wald-Eigentümer dürfen diese Verantwortung auslagern: Forstbetriebe übernehmen nicht die ganze Verantwortung, sondern versprechen lediglich schwarze Zahlen. Wie sie zu diesen kommen, steht weitgehend in ihrer Kompetenz.

Der Kanton ist gesetzlich (Aarg. und Eidg. Waldgesetze) verpflichtet, die Naturnähe des Waldbaus durchzusetzen. Von dieser Aufgabe hat er sich aber weitgehend gelöst: Aus dem Kontroller ist ein Komplize geworden. So gedenkt er dem unsinnigen Überangebot an Holz «Markthilfen» anzubieten – natürlich mit Steuergeld. Damit wird der Holzpreis weiter gesenkt, was weitere Markthilfen nach sich ziehen wird.

Es gibt im Kanton und in der übrigen Schweiz durchaus Beispiele, bei denen der geschlossene Wald permanent gehalten wird – und die auch schwarze Zahlen liefern. Diese Beispiele haben eine Eigenschaft gemeinsam: Sie werden grundsätzlich nicht nachgeahmt. Das ist ein sicheres Zeichen für eine Denkblockade bei den Forstverantwortlichen: Diese haben sich auf ihren aktuellen Tunnelblick geeinigt. Selbst das berühmte Gegenbeispiel Basadingen wird nur als Störung in der herrschenden Mode wahrgenommen. Man verzichtet im Wald auf bestehendes Wissen: Das «Lernen vom Urwald»
(H. Leibundgut, ETH) ist vergessen oder verdrängt worden.

Man muss deshalb der aargauischen Bevölkerung jetzt schon raten: Wer den Wald für sich und die Folgegenerationen noch retten will, verweigere bei der Abstimmung zum «Verpflichtungskredit Bewältigung der Waldschäden etc.» seine Zustimmung. Nach der Ausräumung der offenen Landschaft sollten wir uns den Wald nicht auch noch mit Steuergeld verunstalten lassen. 

Jürg Keller, 5. Juli 2020

Armer Wald

Leserbrief, Aargauer Zeitung, Mittwoch, 6. Mai 2020
Zum Beitrag «Ohne Einsatz von schweren Maschinen», Ausgabe vom 16. April 2020

Armer Wald

Die Bewirtschaftung mit diesen schweren Forstmaschinen hat mit nachhaltigem Dauerwaldprinzip nichts zu tun. Schon gar nicht mit Handarbeit. Alle 40 Meter eine Rückegasse zu erstellen, ist verantwortungslos. Die Fahrzeuge hinterlassen eine doppelte Radspur von 60 Zentimeter Tiefe. Dass das sensible Boden-Ökosystem dadurch über Jahrzehnte zerstört wird, ist nicht akzeptabel. Im Frühling laichen Amphibien in den mit Wasser gefüllten Radspuren. Diese können das Wasser nicht halten, sodass X-Tausende Amphibien-Lurche sterben. Mit solcher Nutzung haben die Verantwortlichen des Forstamtes Brugg der Flora und Fauna im Wald den Krieg erklärt. Um schwarze Zahlen zu schreiben (Holzpreis ist zu tief), wird jeder wertvolle Ökobaum geschlagen. Im Waldgesetz steht, dass pro Hektare zwei bis vier solcher Bäume stehen gelassen werden müssen. Das Holz soll genutzt werden, aber nicht auf Teufel komm raus. Durch solch eine intensive Nutzung ergibt sich das Bild eines Zahnstocherwaldes. Nachfolgende Bewirtschafter des Waldes können sich künftig mit der Sense als Werkzeug begnügen. Was vor 70 Jahren mit der Industrialisierung des Kulturlandes geschah, wird jetzt im Wald weitergeführt durch den Forstbetrieb Brugg. Die Funktion des Waldes ist Lebensraum für Pflanzen und Tiere, Reinigung der Luft und Produktion von Sauerstoff, Wasserspeicher, Erholungsraum für Menschen und steht für eine sinnvolle Holzproduktion. Nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes mit Einbezug von ökologischen Aspekten sollte unsere Zukunft sein, Herr Wengi.

Renate Erb, Riniken

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nur der «Naturnahe Wald» ist gesetzeskonform!

Nur der «Naturnahe Wald» ist gesetzeskonform!

Leserbrief an «fricktal.info» aus Anlass der Pensionierung von Sebastian Meier, Förster von Sulz-Laufenburg, der den Schreibenden am 3. Juni zu einer Waldbesichtigung in Sulz empfing.

Nur der «Naturnahe Wald» ist gesetzeskonform!

In der Umgebung von Rheinfelden und im oberen Fricktal leidet man an der groben Maschinenbewirtschaftung im Forst (grossflächige Kahlschläge) und kämpft für einen naturnahen Wald. Dass dieser aber auch im Fricktal existiert, erfuhr man anlässlich der Pensionierung des Försters von Sulz-Laufenburg. Sebastian Meier hat dort seit vielen Jahren einen naturnahen Wald (auch Dauer- oder Plenterwald) aufgebaut – mit berechtigter Hoffnung, dass sein bereits tätiger Nachfolger die gleiche Praxis verfolgen wird. Bei meinem Besuch in seinem Wald zeigte Förster Meier eindrücklich die Merkmale dieses Waldbaus:

  • Keine Kahlschläge («clear cuts», im Bözberggebiet bis über 2 ha!)
  • Mehrstufiger Baumbestand (im Flugbild keine Waldlücken)
  • Naturverjüngung (nur wenig Neupflanzungen)
  • Einzelbau-Ernte
  • Die Natur diktiert den Baumbestand, nicht forstwirtschaftliche Moden (wie beispielsweise die heutige Eichen-Manie)

Das Resultat: Der so bewirtschaftete Wald erfüllt seine ökologische und ökonomische Aufgabe ebenso gut wie die immer wichtigere Erholungsfunktion.

Die Frage, die sich hier aufdrängt: Warum muss man um eine solche Selbstverständlichkeit im Fricktal kämpfen und dabei gegen Argumente antreten, die nur Behauptungen sind (z.B. «Steilheit des Geländes» ist deshalb kein Argument, weil der Dauerwald/Plenterwald auch im hügeligen Emmental beheimatet ist).

Die Antwort ist wohl einfach: Die Maschinenforst-Methode verbreitet sich, weil es die Maschinen dazu gibt. Der Mensch braucht seit jeher seine neusten Werkzeuge auch dort, wo ihr Einsatz fehl am Platz ist. Auf keinen Fall ist der Maschinen-Forst aber vom Gesetzgeber gewollt – es gilt das Gegenteil: Im Aargauer Waldgesetz steht gleich am Anfang (§ 1):

«Ziel des Gesetzes ist, den Wald zu erhalten, zu schützen und aufzuwerten, namentlich als Teil einer naturnahen, vernetzten Landschaft, als Lebensraum von Tieren und Pflanzen»

Im schweizerischen Waldgesetz findet man in Artikel 20/2 den Auftrag an die Kantone, sie sollen Bewirtschaftungsvorschriften erlassen, die dafür sorgen, «den Erfordernissen der Holzversorgung, des naturnahen Waldbaus und des Natur- und Heimatschutzes Rechnung zu tragen». Dies bestätigen die Rheinfelde Ortsbürger auch: Sie halten fest, dass sie die Gemeinde in sozialen, kulturellen und ökologischen Bereichen unterstützen wollen.

Faktisch wird also bei der maschinellen Forstwirtschaft (Wald ist nicht gleich Forst!) gegen die gesetzliche Grundmelodie verstossen – und der verantwortliche Kanton ist dabei eher Komplize als Kontrolleur. Dabei stehen wir bei einem helvetischen Grundübel: Kantonsregierungen fühlen sich bei Umweltgesetzen oft anderen Interessen als dem Landesrecht verpflichtet. Was der Thurgau bei den Tierschutzverstössen (z.B. Fall «Hefenhofen») übersehen wollte, scheint nun im Fricktal Nachahmung in der Forstwirtschaft zu finden. Es geht dabei um den landesüblichen «Gesetzesstreik», den ein bekannter Regierungsrat aus dem Baselbiet so definierte: «Der Reiz des Regierens besteht in der Willkür». Der naturnahe Wald hat zwar das Gesetz auf seiner Seite, aber das nützt ihm nur etwas, wenn sich ein flächendeckender Protest gegen die angerichteten Wüsteneien im Wald erhebt. Weil die Naturschutzverbände aber dabei unter seltsamen Beisshemmungen leiden, muss man auf einen wirksamen Protest eher von Jagdgesellschaften oder Vereinigungen wie «Pro Bözberg» setzen, Dazu wäre es höchste Zeit.

Jürg Keller, Rheinfelden
Mitglied von Pro Bözberg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geologische Tiefenlager: Die Standortfrage spitzt sich zu

Die Nagra bohrt am Bözberg. Einmal mehr: schon 1983/84, damals in Riniken. Dort lag aber das erhoffte Kristallingestein unerreichbar tief. Ein Fehlschlag! Nun glaubte die Region 35 Jahre lang, von der Endlagerfrage verschont zu werden. Inzwischen wurde der Opalinuston als „Alternative“ zum Kristallin entdeckt. Auch am Bözberg. So wurde der „Bözberg“ zu Jura Ost und damit abermals zum Mitfavoriten für ein Tiefenlager, neben Lägern Nord und Zürich Nordost. Einer der drei Standorte soll das Endlager „bekommen“.

Nun wird der Untergrund der drei Gebiete geologisch erkundet: Die Schicht-Strukturen mit seismischen Messungen, die Gesteine mit Bohrungen. Dann müssen alle Befunde und Erkenntnisse aus diesen Bohrungen mit den Ergebnissen der seismischen Erkundung kombiniert und für jedes Standortgebiet in ein räumliches geologisches Modell der Struktur und des Schichtaufbaus integriert werden. Eine absolut unverzichtbare Grundlage für die darauf aufzubauende hydrogeologisch-geotechnische Synthese der Gegebenheiten im Gesteins-Untergrund. Und erst danach wird die mögliche Eignung für die langzeitsichere Aufnahme eines Endlagers überhaupt seriös beurteilt und die Auswahl eines Standorts glaubwürdig zu begründen sein. Die Behörden beteuern dabei die Prämisse: Sicherheit hat höchste Priorität! Genau dies fordert der Verein Pro Bözberg, kompromisslos und im Einklang mit dem Aargauer Regierungsrat.

Dessen ungeachtet plant die Nagra demnächst eine Zäsur von inhärent gesellschaftspolitischer Brisanz: die sogenannte „Bekanntgabe“ des Standorts, für den die Nagra ein Rahmenbewilligungsgesuch gemäss Kernenergierecht vorbereiten will. Diese „Bekanntgabe“ ist freilich nichts anderes als die vorgezogene Standortwahl!  Und diese soll gemäss Nagra-Planung bereits in zwei Jahren erfolgen. Das heisst lange bevor die unabdingbaren Ergebnisse der oben genannten geologischen Exploration (Bohrungen) überhaupt ansatzweise fundiert ausgewertet und in eine konsistente Synthese der erdwissenschaftlichen Gegebenheiten im Untergrund der Nordschweiz integriert sein können! Wir werten dies als überhastetes Vorgehen der Nagra, das auch beim Ausschuss der Kantone (AdK) auf Ablehnung stösst. Der AdK kritisierte in seiner Stellungnahme vom September 2017: „Faktisch erfolgt mit diesem Schritt die Standortwahl für ein oder zwei Tiefenlager. Entscheidungsgrundlagen und Auswahlargumente müssen wissenschaftlich-technisch fundiert sein; dies bedingt zumindest in den Grundzügen frühzeitig deren Begutachtung, damit das Risiko eines Fehlentscheids – und damit das Misslingen des Sachplans – minimiert werden kann.“

Unabhängig davon reichte der Vorstand des Vereins Pro Bözberg  dem Technischen Forum Sicherheit im September 2017 formell eine Frage zu dieser politisch heiklen Präzedenz der Standortwahl ein:
https://www.ensi.ch/de/technisches-forum/vorzeitige-standortfestlegung-in-etappe-3/
Wie aus den Antworten der zuständigen Behörden (BFE, Ensi) zu entnehmen ist, erkannten diese immerhin den politischen Zündstoff: Denn die Nagra hat zugesichert, ihren internen Entscheid mit einem begleitenden Bericht zu begründen. Mehr nicht. Daher gilt es für die Bevölkerung des Bözbergs, die weitere Entwicklung mit Argusaugen zu verfolgen und sowohl auf Verfahrenstransparenz und propagandafreie Information über die Ergebnisse der laufenden Felduntersuchungen (namentlich der Tiefbohrungen) und der daraus erarbeiteten Synthesen zu bestehen.

Mit seiner Frage 147 an das Technische Forum Sicherheit hat der Verein Pro Bözberg  auch dazu beigetragen, dass das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi die Nagra verpflichtet hat, in einem Konzeptbericht darzulegen, welche Referenzberichte wann fertiggestellt und zur Publikation bereit sein werden. Dieser Bericht liegt nun vor und kann über die homepage der Nagra heruntergeladen werden:

https://www.nagra.ch/de/cat/publikationen/arbeitsberichte-nabs/nabs-2019/downloadcenter.htm

 

Der Vorstand von Pro Bözberg  wird den zu erwartenden Referenzberichten mit kritisch geschärfter Aufmerksamkeit begegnen und sich bei Unklarheiten und Widersprüchen in geeigneter Weise zu Wort melden.

Bözberg, 22. Juni 2020                   Der Vorstand

 

 

 

 

 

 

 

Schweizer Atommüll und geologische Tiefenlager

Pro Bözberg verfolgt die Suche nach Standorten für Tiefenlager für radioaktive Abfälle vorausschauend und aufmerksam. Seit über 10 Jahren beurteilt der Vorstand regelmässig die aktuelle und absehbare Entwicklung und orientiert die Mitglieder an der Jahresversammlung

Pro Bözberg setzt sich mit Überzeugung dafür ein, dass bei der Suche nach Tiefenlager-Standorten für radioaktive Abfälle ausschliesslich Schutz und Sicherheit von Bevölkerung und Umwelt für das Vorgehen und die Auswahl massgebend sein dürfen. Aufgrund der nicht zu leugnenden Risiken von radioaktiver Belastung dürfen politische und wirtschaftliche Opportunitäten für die Langzeitlagerung des Atommülls keine Rolle spielen.

Die Haltung von Pro Bözberg kann wie folgt zusammengefasst werden:

  • Keine Sankt-Florianspolitik, keine politisch-wirtschaftlich motivierten Machbarkeitsüberlegungen.
  • Absolutes Primat der Sicherheit.
  • Keine unnötige Hast bei Entscheidungen, die tausende von Jahren irreversibel Bestand haben müssen.
  • Neue Technologien und Vergleiche mit dem Ausland in Entscheidungen mit einbeziehen.

Im Rahmen dieser Haltung setzt sich Pro Bözberg bei den zuständigen Behörden und Gremien im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ein:

  • Schriftliche Anfrage an das Technische Forum Sicherheit (geleitet vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI): „Weshalb muss die für 2022 geplante „Provisorische Standortwahl“ nicht schon bei deren Bekanntgabe durch die Nationale Genossenschaft NAGRA begründet werden? Es ist unverständlich und unglaubwürdig, wenn Begründungen erst mit Entscheiden nachgeliefert werden.“ Die Frage ist als „Nr. 147“ in eine offiziell publizierte Liste aufgenommen worden.
    Die Antworten wurden am 28. September 2018 auf der Homepage des ENSI veröffentlicht:  https://www.ensi.ch/de/technisches-forum/vorzeitige-standortfestlegung-in-etappe-3/
  • Vernehmlassung Pro Bözberg zur Etappe 2 des Sachplanverfahrens (Februar 2018) an das Bundesamt für Energie. Aufruf an die Mitglieder, sich an der öffentlichen Vernehmlassung zu beteiligen. Schweizweit sind innerhalb der Vernehmlassungsfrist 1‘200 Stellungnahmen eingegangen. Die Auswertung ist im Gange. Es bestehen für Pro Bözberg begründete Zweifel, dass der Bözberg mit seinen geologischen Defiziten mitten im dicht besiedelten Europa die erforderliche Sicherheit für ein geologisches Tiefenlager gewährleisten kann.

Der Vorstand von Pro Bözberg hat beschlossen, seine Unabhängigkeit zu bewahren und keine Vertretung in der neuen Regionalkonferenz zu beantragen.

Wir sind überzeugt, es braucht ausserhalb der Verwaltung unabhängige Gremien und Organisationen, die sich für die Region einsetzen.